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Conan Gray – Wishbone

Rezensiert von on 18. August 2025

       

Symbolisiert wird das Gefühlschaos von einem Wishbone (dt. Gabelbein). Glück steht der Person bevor, die beim Auseinanderziehen des Knochens das längere Stück bekommt. Die andere Person verliert mit dem kürzeren Ende. Bei der Entstehung des Albums ist Conan immer wieder das Bild des Wishbones in den Kopf gerückt und wie ähnlich zwischenmenschliche Beziehungen im Vergleich dazu funktionieren und ausgehen. Mit der Albumankündigung im Juni beschreibt Conan auf Instagram dieses Ritual.


Und was erwartet uns jetzt genau auf Wishbone?

Wer Conan Gray bisher musikalischen ein wenig verfolgt hat, sollte mit seinem typischen Sound vertraut sein: Schnelle upbeat Pop-Songs mit catchy Melodien und Balladen, die meist vom Klavier oder sanft angespielten Chords an der Gitarre begleitet werden. Textlich schüttet der Sänger sein Herz aus über schwierige Familienverhältnisse und Liebe und dabei insbesondere den damit verbundenen Herzschmerz. 

Letzteres gibt es auch wieder auf Wishbone. Conan arbeitete für dieses Album erneut mit Dan Nigro zusammen, der beispielsweise die Songs Heather und Maniac von seinem Debütalbum Kid Krow produzierte. Klanglich bewegen sich die Lieder in seinem gewohnten Soundbett. Star sind definitiv seine Vocals, die mit High Notes und sanften Harmonien auf Tracks wie Connell und Vodka Cranberry ganz besonders hervorstechen.

Den Grundton für Wishbone hat die zweite Single-Auskopplung Vodka Cranberry schon vorab ziemlich eindeutig gesetzt. Das Lied ist eine gleichzeitig vorwurfsvolle und herzzerreißende Konfrontation, die das Ende zwischen Conan und der besungenen Dating-Person besingt:

Die Sprechinstanz klingt einerseits verzweifelt, ist den Schmerz andererseits aber auch satt und will der Situationship ein für alle Mal ein Ende setzen. Diese Emotionen und auch diese Haltung ziehen sich quer durch Wishbone. Der Opening-Song Actor hält eine ähnliche Ambivalenz inne. Das zeigt sich nicht nur in Versen wie diesen:

Der eher verzweifelte, verletzte Ton aus dem Chorus ändert sich schlagartig mit der Bridge. Klanglich nimmt der Song noch mehr Fahrt auf und wird für die letzten Verse für einen Moment leiser und ruhiger. Die Lyrics und der Tonfall werden hier zunehmend vorwurfsvoller. An dieser Stelle klingt auch endgültig der Grund des ewigen Versteckspiels und Verschweigens heraus. Die side […] that she’ll never know ist hier die Queerness, die das lyrische Du bei sich selbst erased und damit auch die gemeinsame Zeit, die nur hinter verschlossener Tür stattgefunden hat:

Credits: Dillon Matthew

Dieses schmerzvolle Verlangen und die Sehnsucht wird ganz besonders in Connell hörbar. Das Lied wird von Streichinstrumenten untermalt und von einer Akustik-Gitarrre begleitet. Dabei singt Conan darüber, dass die Ex-Dating-Person ein reminder für how little I deserve und my father slurring words ist. Das Outro bringt hier den Höhepunkt. Wenn dieser Teil beginnt, verstummen die Instrumente für einen kurzen Moment und stimmen in langsamerem Tempo in den verzweifelten, sich immer wiederholenden Ruf nach Connell ein. In den letzten Sekunden ertönen schiefe Noten, die das Unwohlsein und die Enttäuschung noch weiter akustisch zeigen.

Diese traurige, sehnsüchtige und enttäuschte Haltung begleitet uns durch das gesamte Album, mit einer Ausnahme. Der vierte Track Romeo hat einen schnellen Beat, starke Vocals und ist ein großes “Fuck You” an die Person, die der Sprechinstanz das Herz gebrochen hat. Der Song gibt dem Album einen erfrischenden Twist mit der Message: I hope you know I’m never gonna want you back.

Die auf Wishbone ansonsten sehr verletzte Sprechinstanz bringt hier eine petty, aber selbstbewusste attitude mit und listet all die Dinge auf, die sie sowieso nie gerne mit der besungenen Person gemacht hat, wie etwa sittin’ around your egoist actor friends oder kissin’ your mouth with cigarettes on your breath. Die textliche Krönung hat Romeo meiner Meinung nach in der Bridge, in der eine Shakespeare-Referenz auftaucht:

Wishbone ist damit nicht nur longing und yearning, das Album bietet den Hörer*innen auch einen friendly reminder, dass es immer einen Lichtblick gibt, egal, wie down bad man ist. Insgesamt hat Conan sage und schreibe 300 Songs geschrieben, von denen es am Ende allerdings nur 12 an die Öffentlichkeit geschafft haben. Aber auch bei dieser begrenzten, aber sehr auf den Punkt gebrachten Auswahl ist safe to say: Es gab offensichtlich viel zu verarbeiten und zu erzählen.

Wer nach diesem grandiosen Albumrelease gar nicht mehr abwarten kann, Conan Gray live zu sehen, kann einen spontanen Trip zum Superbloom Festival am 30. Und 31. August in München machen. Conan ist am Sonntag einer der Headliner und wird bestimmt den ein oder anderen neuen Song von Wishbone zum mitschreien und -weinen spielen. 

Fotocredits: Dillon Matthew


Label: UMG Recordings
Veröffentlicht am: 15.08.2025
Interpret: Conan Gray
Name: Wishbone


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