The Beaches – No Hard Feelings
Rezensiert von Redaktion on 3. September 2025

Tanzbare Heartbreak-Musik, poppige Beats und rockige Gitarrenriffs – Damit haben sich The Beaches schon lange einen festen Platz in der Rotation von Radio Q erspielt. Und auch ihr neues Album No Hard Feelings, welches am 29.08.2025 von der kanadischen Pop-Rockband veröffentlicht wurde, ist sowohl musikalisch als auch lyrisch einfach mitreißend. Es ist wie nachts mit Kopfhörern durch die Küche zu tanzen: ganz laut und irgendwie doch ganz intim.
Insgesamt 34 Minuten geht die Herzschmerz-Party, aufgeteilt auf 11 Songs, von denen sechs bereits vorher veröffentlicht wurden. Darunter der Song, der mich wohl am allermeisten an Radio Q erinnert: Jocelyn. Seit dem 18. September 2024 kann man diesen Track nun schon streamen und lange Zeit war er fester Bestandteil unserer Rotation. Er erzählt von Unsicherheit, von der Frage nach der eigenen Liebenswürdigkeit und von großer Verwunderung über gezeigtes Interesse.
„What do you even see in me Jocelyn? Why do you still look up to me, Jocelyn?“
Aber, anders als die Lyrics vermuten lassen, spricht Jordan Miller (Sängerin und Songwriterin der Beaches) in Jocelyn nicht über eine Person. In einem Interview mit dem Online Magazin Rolling Stone UK verrät sie, dass Jocelyn repräsentativ für die große Masse an neugewonnen Fans steht, welche The Beaches nach ihrem Release von Blame Brett (2023) zu verzeichnen hatten. Eine riesige neue Fanbase sammelte sich um die vier Musikerinnen und plötzlich fanden sie sich in einer Vorbildrolle, in der sie gar nicht stecken wollten. Dieser Zwiespalt inspirierte die Band. Während des Schreibprozesses fanden sie dann heraus, dass eine von ihren Fans Jocelyn hieß und so kam es zu dem Namen.

Aber Jocelyn spricht nicht nur von der Verwunderung über den plötzlichen Erfolg. Es beinhaltet auch die Erkenntnis, dass man selbst fehlerhaft ist. Und diese Thematik zieht sich auch durch die restlichen Songs auf No Hard Feelings. Es ist ein roter Faden, der sich durch die unterschiedlichen Lieder und damit auch durch die unterschiedlichen Erfahrungen der Bandmitglieder zieht. Denn No Hard Feelings beleuchtet nicht nur die Perspektive von Frontsängerin Jordan Miller, sondern verbindet mit den unterschiedlichen Tracks die Sichtweisen aller vier Bandmitglieder.
Ein Song, der für mich dabei besonders berührend ist, ist Lesbian Of The Year. Er beleuchtet den POV von Keyboarderin und Gitarristin Leandra Earl, die erst kürzlich ihr Coming Out hatte und den Song nun nutzt, um ihren Gefühlen rund um die späte Erkenntnis Raum zu geben.
„Better late than never. Tegan told me not to worry. Piercing it together, happened in a hurry. Lesbian Of The Year, how the hell did I get here?“
Der Song spielt mit vielen Ausdrücken, die aus der queeren Community stammen und referiert auf bereits geoutete Artist, wie eben Sängerin Tegan Quin, welche Leandra auf Instagram nach ihrem Outing viel Mut zugesprochen hatte. Er spricht von der Angst, die mit einem Outing einhergeht und von dem Druck, dabei in der Öffentlichkeit zu stehen. Denn Lesbian of The Year war kein zufälliger Songname: Es war der Titel, den ihr Fans nach ihrem Coming Out gegeben haben. Es ist einer der eher ruhigen Songs des Albums, aber trotz des tiefgründigen Themas ist es kein trauriger Song. Er ist sanft; wie eine Umarmung, ein geflüstertes „Alles wird gut“. Und dadurch hat er mich dann doch das ein oder andere Mal zu Tränen gerührt.
Seit 2009 schafft es die Band nun schon, Musik zu machen, die berührt. Bis 2013 haben sie noch unter dem Namen Done With Dolls mit Gitarristin Meghan Fitchett musiziert. Jetzt gewinnen die Geschwister Jordan und Kylie Miller zusammen mit Eliza Enman-McDaniel und Leandra Earl einen JUNO-Award nach dem anderen und erobern die Herzen ihrer Fans und derer, die es spätestens nach No Hard Feelings sind, im Sturm. Als ich mich selbst im Zuge dieser Rezension fragte, was wohl mein Lieblingssong des Albums ist, fiel mir die Entscheidung so schwer, dass ich sie einfach wieder verworfen habe. Denn jeder Song ist so individuell und fügt sich doch so nahtlos ins Gesamtkonzept des Albums ein, dass ich stundenlang den eingängigen Rockmelodien und den treibenden Drums zuhören könnte. Ganz laut auf dem nächsten Geburtstag oder ganz privat bei der nächsten Late Night Kopfhörer-Küchenparty. Und wer weiß, vielleicht ja auch bald auf ihrer No Hard Feelings Tour. Bald startet die US-Tour von The Beaches und ich warte gespannt auf den Moment, an dem sie ihre Europa-Tour ankündigen. Meine Daumen sind gedrückt.
Label: The Beaches/ AWAL Recordings Veröffentlicht am: 29.08.2025 Interpret: The Beaches Name: No Hard Feelings Coverbild: AWAL Recordings