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Eine kurze Geschichte der Zeit: Das Werk eines Jahrhundertgenies

Geschrieben von am 13. Dezember 2023

Stephen Hawking war wohl einer der berühmtesten Physiker unserer Zeit. Seine Forschung und deren Erkenntnisse haben maßgeblich zum heutigen Verständnis des Universums beigetragen. Neben seiner Forschungsarbeit leistete er außerdem immens wichtige Beiträge im Bereich der Forschungs- und Wissenskommunikation. Sein Buch “Eine kurze Geschichte der Zeit” ist ein Klassiker der Populärwissenschaft. Das Werk gilt als Inspirations- und Motivationsquelle Unzähliger, sich mit Physik, der Welt und dem Kosmos zu beschäftigen. Nun wurde das Buch in einer neu illustrierten Auflage vergangene Woche in Münster vorgestellt. Dazu lud das LWL-Museum für Naturkunde zusammen mit dem Klett-Cotta Verlag und der Buchhandlung Thalia Münster ein. Zu Gast waren der Sohn von Stephen Hawking, Timothy Hawking und der Radioastronom und Astrophysiker Heino Falcke. Moderiert wurde das Event von der Wissenschaftsjournalistin und Astrophysikerin Sibylle Anderl. Des Weiteren wurden Textpassagen des Buchs von dem Synchronsprecher Frank Arnold vorgelesen. 

Vier neugierige Radio Q Reporter*innen hatten die Ehre das Event zu begleiten und begaben sich auf eine Reise in die Welt des Kosmos und in die Gedanken und Erkenntnisse des Stephen Hawking. 

Ich befand mich ebenfalls unter diesen glücklichen Vier. Daher möchte ich in diesem Artikel die Einblicke dieser faszinierenden Reise in die Weiten des Weltalls wiedergeben und in einer gewissen Weise den Versuch machen, in die Fußstapfen des Großen Stephen Hawking zu treten, indem ich versuche, sowohl einige der Erkenntnisse und der Methoden, als auch einige der Fragen, die Stephen Hawking in seinem Buch stellt, darzustellen. Dabei möchte ich mich möglichst grob zu halten, denn eine tiefergehende Einordnung würde den Rahmen dieses Artikels sprengen. 

Stephen Hawking war bekannt für seine schon fast naive Neugier und dafür vor keiner Frage zurückzuschrecken. So befasst sich sein Buch “Eine kurze Geschichte der Zeit” mit der simpel erscheinenden und doch auch unendlich komplexen Frage ‘Warum ist das Universum so wie es ist?’ Diese Frage kann als Urfrage der Physik gesehen werden. Denn im Grunde beschäftigen Physiker*innen sich mit eben dieser Frage und versuchen, diese Frage in all ihrer Vielfältigkeit zu beantworten.

Und wie gehen die Physiker*innen dabei vor? Das lässt sich allgemein in zwei Methoden unterteilen: das Beobachten und das Beschreiben. Diese beiden Methoden lassen sich (sehr) grob den beiden großen Bereichen der Physik zuordnen, der Experimental- und der theoretischen Physik. So umfasst das Beobachten die Experimentalphysik. Denn diese untersucht physikalische Phänomene und Zusammenhänge im Experiment. Die theoretische Physik dagegen beschreibt diese physikalischen Beobachtungen in einer einheitlichen, klaren und unwiderlegbaren Sprache: der Mathematik. 

Angefangen hat das alles so richtig mit Kopernikus und Galilei. Diese beiden beobachteten im 16. Jahrhundert, entgegen dem damaligen Weltbild, nämlich, dass sich die Sonne und die Planeten gar nicht um die Erde bewegen, sondern eben anders herum: Die Erde und alle Planeten bewegen sich um die Sonne. Ein theoretisches mathematisches Modell, das eben die Beobachtungen der Planetenbahnen beschreiben kann, wurde dann von Kepler entworfen: den sogenannten Keplerschen Gesetzen. 

Und so “physizierten” die Physiker über die Jahrhunderte hinweg weiter und gelangten dabei zu immer neuen Entdeckungen. Diese Entdeckungen beruhen wiederum auf feineren Beobachtungen und genaueren Modellen. So wurde beispielsweise im 19. Jahrhundert zuerst das Atom und dann dessen Zusammensetzung aus Atomkern und Elektronen entdeckt. 

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gings dann so richtig los mit der Physik. Und zwar durch die Erarbeitung zweier bahnbrechender Theorien: der allgemeinen Relativitätstheorie und der Quantenmechanik. Diese beiden Theorien bestimmten den Hauptfokus der Physik über das 20. Jahrhundert hinweg bis heute, denn die beiden Theorien sind nicht miteinander vereinbar. So beschreibt die allgemeine Relativitätstheorie das ganz Große, während die Quantenmechanik das ganz Kleine beschreibt. Eine Theorie, die die Theorie des ganz Kleinen mit der Theorie des ganz Großen vereint, gibt es schlicht noch nicht und ist Ziel aktueller Forschung, der Forschung an der auch Stephen Hawking beteiligt war. 

Doch etwas zurück. Um zu verstehen, woran Stephen Hawking genau forschte und welche Erkenntnisse er der Welt lieferte, müssen wir erstmal Klarheit schaffen, was genau unter diesen Theorien zu verstehen ist. 

Zunächst die allgemeine Relativitätstheorie, die von Albert Einstein aufgestellt und formuliert wurde. Einstein erkannte zunächst, dass Zeit nicht absolut ist und von der Bewegung bzw. der Position des Beobachters abhängt! Diese Folgerung geht aus der Beobachtung hervor, dass es eine Obergrenze der Geschwindigkeit in unserem Universum gibt, -die Lichtgeschwindigkeit. Nichts bewegt sich schneller als das Licht, selbst Information nicht. Dies führt dazu, dass für sehr schnelle Objekte nahe der Lichtgeschwindigkeit, aus der Sicht einer Person, die sich dazu nicht bewegt, die Zeit langsamer vergeht. In der Relativitätstheorie werden Raum und Zeit in der sogenannten Raumzeit zusammengefasst. 

Die allgemeine Relativität berücksichtigt nun den Einfluss von Masse in dieser Raumzeit. Denn Masse verändert die Raumzeit, genauer die Masse krümmt die Raumzeit. Diese Theorie führte zur theoretischen Existenz von schwarzen Löchern. Denn es ist möglich, dass ein Stern eine so große Masse haben kann, dass er die Raumzeit so stark krümmt und dass Licht, welches den Bahnlinien der Raumzeit folgt, dieser Krümmung nicht entkommen kann. Diese Abbildung soll die Raumzeitkrümmung etwas veranschaulichen:

Bild von meztlivaleriano auf Pixabay

Das Gitter stellt die Raumzeit dar, auf deren Linien das Licht immer den kürzesten Weg nimmt. Masse krümmt dieses Raumzeitgitter. Ein schwarzes Loch ist ein Stern mit einer so großen Masse, dass die Raumzeit an dessen Position zu einem Trichter gekrümmt wird und Licht, das hineinfällt, nicht wieder entkommen kann.

Heute wissen wir, unter anderem durch die Leistungen von Heino Falcke, der mitverantwortlich für das erste Bild eines schwarzen Loches ist, von der Existenz schwarzer Löcher. Damals in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts war die Existenz der schwarzen Löcher noch ungewiss und Stephen Hawking führte maßgeblich zur theoretischen Beschreibung der schwarzen Löcher bei. 

Stephen Hawking nutzte nicht nur Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie, um schwarze Löcher theoretisch zu beschreiben. Er konnte auch mittels der Quantenmechanik erklären, warum schwarze Löcher doch Licht ausstrahlen, obwohl sie eigentlich alles Licht verschlucken. 

Diese sogenannte Hawking-Strahlung wird nicht direkt vom schwarzen Loch selbst ausgestrahlt, sondern von Teilchen in unmittelbarer Nähe des schwarzen Lochs, sodass der Anschein erweckt wird, das Loch strahle. Um diesen Vorgang genauer verstehen zu können, müssen wir in die Welt des Allerkleinsten, der Welt der atomaren Teilchen. Diese Welt beginnt ab einer Länge von einem Milliardstel von einem Meter und noch kleiner. 

Eine weltverändernde Erkenntnis, aus welcher die Quantenmechanik entstand, ist die Beobachtung, dass in dieser Welt des Allerkleinsten Teilchen Wellen und Wellen Teilchen sind. Das führt zu einem ärgerlichen Paradoxon: je genauer die Position eines Teilchens bekannt ist, desto ungenauer ist seine Geschwindigkeit bekannt und umgekehrt. Dieser Dualismus von Wellen und Teilchen wird zusammengefasst als die Heisenbergsche Unschärferelation. Die Unschärferelation gibt dem Universum seine Unvorhersehbarkeit. So erlaubt die Unschärferelation, dass aus dem Vakuum um ein schwarzes Loch zufällig Teilchenpaare entstehen können. Normalerweise entstehen diese Paare aus Teilchen und Antiteilchen zusammen, gehen ihren Weg, treffen sich nach einer kurzen Wegstrecke wieder und vernichten sich schließlich. In der Nähe eines schwarzen Loches kann es nun aber sein, dass eines der Teilchen vom schwarzen Loch verschluckt wird, wodurch das übrige Teilchen keinen Partner mehr hat, mit dem es sich vernichten kann. Dieses Teilchen kann dann als Hawking-Strahlung wahrgenommen werden. Diese Strahlung wurde theoretisch von Stephen Hawking vorhergesagt, diese Strahlung experimentell eindeutig zu bestätigen, ist heute jedoch noch nicht möglich. Zwar gibt es bereits das Bild eines schwarzen Loches, welches einen strahlenden Ring um das Zentrum besitzt, jedoch ist eine eindeutige Zuordnung dieser Strahlung an die Theorie von Hawking damit nicht gezeigt. 

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Neben der Theorie zu schwarzen Löchern arbeitete Stephen Hawking noch an anderen physikalischen Theorien. Zum Beispiel beschäftigte ihn die Frage: Warum expandiert das Universum? Und in welcher Art und Weise expandiert es? Wird es jemals aufhören zu expandieren und sich dann wieder zusammenziehen? All diese Fragen führten zu dem Urknallmodell. Dem wohl berühmtesten physikalischen Modell. Doch zunächst, wie konnte die Expansion überhaupt nachgewiesen werden? Das gelang durch die Astronomen Penzias und Wilson 1964. Diese beobachteten mit ihrem Teleskop, egal wo sie hinschauten eine Hintergrundstrahlung. Diese Hintergrundstrahlung lässt sich zeitlich auf eine frühe Anfangsphase des Universums zurückführen, wo das Universum viel kleiner gewesen sein muss als es jetzt ist. Diese so zuordenbare Strahlung führte zu dem Urknallmodell, bei dem sich das gesamte Universum zu Beginn viel viel mehr zusammengepfercht in einem kleineren Raum befand. An diesem Modell, sowie weiteren komplexeren Modellen zu der Urknalltheorie wie dem keine-Grenzen-Modell war Stephen Hawking beteiligt und leistete erheblich Beiträge und Erkenntnisse dazu. 

All das klingt faszinierend, so nah und doch so fern. Denn die Arbeitswelt der Astrophysiker, Teilchenphysiker und Astroteilchenphysiker befindet sich auf ganz anderen Skalen als unsere alltägliche Welt, sodass eine reale und bildliche Vorstellung ungemein schwer ist. Dennoch machte Stephen Hawking die Entdeckungen der Physik des 20. Jahrhundert mit seinen populärwissenschaftlichen Büchern der breiten Masse zugänglich. Seine Werke faszinieren auch noch 5 Jahre nach seinem Tod die Welt. Seine Beiträge zur Forschung haben unser Weltbild neu geprägt. Vor hundert Jahren dachte man noch, unsere Galaxie mit 100 Milliarden Sternen wäre die einzige. Heute wissen wir, sie ist nur eine von unzähligen Milliarden Galaxien in einem grenzenlosen Universum. Und unsere Sonne, unsere Erde und jeder einzelne Mensch ist ein verschwindend geringer, jedoch schier unendlich bedeutender Teil davon. Wer weiß also, was wir in weiteren 100 Jahren alles über das Universum wissen werden? Auf die Frage: ‘Warum ist die Welt so, wie sie ist?’ Antwortet Stephen Hawking in seinem Buch mit dem anthropischen Prinzip: Wir sehen das Universum so wie es ist, weil es uns nicht gäbe, wenn es anders wäre.

Autor: René Nagel