Ist Kaiser Wilhelm II. als Namensgeber der Uni Münster noch tragbar und zeitgemäß? Diese Frage wird in der Hochschulpolitik und der Öffentlichkeit momentan kontrovers diskutiert. Für die einen ist eine Umbenennung längst überfällig, weil Wilhelm II. für Kolonialismus, Antisemitismus und Mitverantwortung für den Ausbruch des Ersten Weltkriegs steht und nahezu keinen Bezug zur Uni Münster hatte. Die anderen wollen den letzten deutschen Kaiser als Namensgeber der Uni behalten, weil das Deutsche Reich unter seiner Regentschaft eine Blütezeit des wissenschaftlichen Fortschritts erlebte und eine Umbenennung für sie eine Form der Auslöschung von Geschichte darstellt.
Dabei steht die Auseinandersetzung in einem größeren geschichtswissenschaftlichen, -kulturellen und -politischen Kontext: Über Wilhelm II. wird nicht zuletzt auch wegen der Rolle der Hohenzollern beim Aufstieg des Nationalsozialismus und dem damit verbundenen Streit um Entschädigungsforderungen der Adelsfamilie diskutiert. Nicht weniger kontrovers sind die zahlreichen und in den letzten Jahren verstärkt stattfindenden Debatten über die Benennung von Straßen, Plätzen etc. nach historischen Persönlichkeiten. Ein Beispiel ist hier der Schlossplatz in Münster, der bis zu seiner Umbenennung 2012 Hindenburgplatz hieß.
Um die öffentliche Debatte über die Frage, wie ein zeitgemäßer Umgang mit Wilhelm II. als Namensgeber aussehen kann, wissenschaftlich zu begleiten, beschloss der Senat der Uni Münster 2020 die Schaffung der Projektstelle “Zur Sache WWU”. Bis Ende 2022 soll diese einen Bericht vorlegen, auf dessen Grundlage der Senat eine Entscheidung über den Uni-Namen fällen kann.
Vor diesem Hintergrund entstand Anfang 2021 die Idee zu einer Kooperation zwischen dem Historischen Seminar der Uni Münster und Radio Q, um eine Brücke zwischen geschichtswissenschaftlicher und geschichtsjournalistischer Begleitung der Debatte zu schlagen. Im Rahmen einer Praxisübung im Wintersemester 2021/22 haben Geschichtsstudierende Beiträge für eine Sonderausgabe von “Q History” gestaltet, um die aktuellen Diskussionen einzuordnen: Wer war Wilhelm II. und wofür wird er kritisiert? Was ist grundsätzlich bei Benennungen nach historischen Persönlichkeiten zu beachten? Und wie ist die Uni Münster eigentlich zu ihrem Namensgeber gekommen? Verantwortlich für die Kooperation waren Dr. Lena Krull vom Historischen Seminar und die “Q History”-Redakteure Martin Heuchel und Michael Landwehr.