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Q History: Wilhelm II. – ein (un)würdiger Namensgeber?

Geschrieben von am 12. Mai 2022

Max Koner: Kaiser Wilhelm II., 1890

Ist Kaiser Wilhelm II. als Namensgeber der Uni Münster noch tragbar und zeitgemäß? Diese Frage wird in der Hochschulpolitik und der Öffentlichkeit momentan kontrovers diskutiert. Für die einen ist eine Umbenennung längst überfällig, weil Wilhelm II. für Kolonialismus, Antisemitismus und Mitverantwortung für den Ausbruch des Ersten Weltkriegs steht und nahezu keinen Bezug zur Uni Münster hatte. Die anderen wollen den letzten deutschen Kaiser als Namensgeber der Uni behalten, weil das Deutsche Reich unter seiner Regentschaft eine Blütezeit des wissenschaftlichen Fortschritts erlebte und eine Umbenennung für sie eine Form der Auslöschung von Geschichte darstellt.

Dabei steht die Auseinandersetzung in einem größeren geschichtswissenschaftlichen, -kulturellen und -politischen Kontext: Über Wilhelm II. wird nicht zuletzt auch wegen der Rolle der Hohenzollern beim Aufstieg des Nationalsozialismus und dem damit verbundenen Streit um Entschädigungsforderungen der Adelsfamilie diskutiert. Nicht weniger kontrovers sind die zahlreichen und in den letzten Jahren verstärkt stattfindenden Debatten über die Benennung von Straßen, Plätzen etc. nach historischen Persönlichkeiten. Ein Beispiel ist hier der Schlossplatz in Münster, der bis zu seiner Umbenennung 2012 Hindenburgplatz hieß.

Um die öffentliche Debatte über die Frage, wie ein zeitgemäßer Umgang mit Wilhelm II. als Namensgeber aussehen kann, wissenschaftlich zu begleiten, beschloss der Senat der Uni Münster 2020 die Schaffung der Projektstelle “Zur Sache WWU”. Bis Ende 2022 soll diese einen Bericht vorlegen, auf dessen Grundlage der Senat eine Entscheidung über den Uni-Namen fällen kann.

Vor diesem Hintergrund entstand Anfang 2021 die Idee zu einer Kooperation zwischen dem Historischen Seminar der Uni Münster und Radio Q, um eine Brücke zwischen geschichtswissenschaftlicher und geschichtsjournalistischer Begleitung der Debatte zu schlagen. Im Rahmen einer Praxisübung im Wintersemester 2021/22 haben Geschichtsstudierende Beiträge für eine Sonderausgabe von “Q History” gestaltet, um die aktuellen Diskussionen einzuordnen: Wer war Wilhelm II. und wofür wird er kritisiert? Was ist grundsätzlich bei Benennungen nach historischen Persönlichkeiten zu beachten? Und wie ist die Uni Münster eigentlich zu ihrem Namensgeber gekommen? Verantwortlich für die Kooperation waren Dr. Lena Krull vom Historischen Seminar und die “Q History”-Redakteure Martin Heuchel und Michael Landwehr.

 


Ihr könnt die Beiträge der Sendung auch einzeln nachhören:


Dalia Diepa Glauer, Alexandra Kosytorz und Joshua Kuckherm geben eine Einführung in die Debatte um Wilhelm II. als Namensgeber der Uni Münster und stellen die wesentlichen Argumente, die für oder gegen eine Umbenennung sprechen, gegenüber:  

Benjamin Alsmeier und Damian Wollai haben sich mit der Biografie des letzten deutschen Kaisers auseinandergesetzt:

Lennart Beeken beschäftigt sich mit den Verbindungen des Hauses Hohenzollern zum Nationalsozialismus, die in der Debatte um die Benennung der Uni Münster häufig übersehen wurden:

Lukas Denis, Jonas Hübner und Joel Wichary beschäftigen sich in ihrem Beitrag mit der Namensgeschichte der Uni Münster. Dabei fragen sie vor allem nach dem Verhältnis zwischen der Universität und Namensgeber Wilhelm II.:

Welche Funktionen erfüllen Benennungen nach historischen Personen überhaupt im öffentlichen Raum? Ricarda Holthaus und Fiona Gerretz gehen dieser Frage nach und greifen dabei die Umbenennung der Uni Greifswald auf:

An der Uni Münster wurde bereits 1996 über die Namensgebung diskutiert. Hendrik Buchholz, Arno-Wolf Fischer und Lena Witteborg haben Unterscheide und Parallelen zur aktuellen Debatte herausgearbeitet:

Rebecca Ohnesorge und Verena Schafflick verbinden in ihrem Beitrag den juristischen Weg einer Umbenennung im öffentlichen Raum mit dem Beispiel des Münsteraner Schlossplatzes, der bis 2012 den Namen Hindenburgplatz trug:

Christian Strunk nimmt die aus seiner Sicht aus der Zeit gefallene Benennung unserer Universität als Anlass für Gedanken über Zeitlichkeit:

Bruckhorst, Friedl/Karl Weber (Hg.), Wilhelm II. und seine Zeit, Regensburg 2016.

Clark, Christopher, Wilhelm II. Die Herrschaft des letzten deutschen Kaisers, München 2009.

Dollinger, Heinz (Hg.), Die Universität Münster 1780–1980, Münster 1980.

Frese, Matthias/Marcus Weidner (Hg.), Verhandelte Erinnerungen. Der Umgang mit Ehrungen, Denkmälern und Gedenkorten nach 1945, Paderborn 2018. https://www.schoeningh.de/view/title/53271 (Uninetz)

Freytag, Nils, Das Wilhelminische Kaiserreich 1890–1914, Stuttgart 2018. https://elibrary.utb.de/doi/book/10.36198/9783838528922 (Uninetz)

Heidenreich, Bernd/Sönke Neitzel (Hg.), Das Deutsche Kaiserreich 1890–1914, Paderborn u.a. 2011. https://doi.org/10.30965/9783657771684 (Uninetz)

König, Alexander, Wie mächtig war der Kaiser? Kaiser Wilhelm II. zwischen Königsmechanismus und Polykratie von 1908 bis 1914, Stuttgart 2009.

Malinowski, Stephan, Die Hohenzollern und die Nazis. Geschichte einer Kollaboration, Berlin 2021.

Mombauer, Annika (Hg.), The Kaiser. New Research on Wilhelm II’s Role in Imperial Germany, Cambridge u.a. 2003.

Mommsen, Wolfgang J., War der Kaiser an allem Schuld? Wilhelm II. und die preußisch-deutschen Machteliten, Berlin 2005.

Müller, Sven Oliver/Cornelius Torp (Hg.), Das Deutsche Kaiserreich in der Kontroverse, Göttingen 2009. [Scan vorhanden]

Nemec, Birgit/Florian Wenniger (Hg.), Geschichtspolitik im öffentlichen Raum. Zur Benennung und Umbenennung von Straßen im internationalen Vergleich (Themenheft), in: Zeitgeschichte 46,1 (2019). https://doi.org/10.14220/9783737010061 (Uninetz)

Nonn, Christoph, 12 Tage und ein halbes Jahrhundert. Eine Geschichte des deutschen Kaiserreichs, München 2020. https://doi.org/10.17104/9783406755712 (Uninetz)

Pöppinghege, Rainer, Wege des Erinnerns. Was Straßennamen über das deutsche Geschichtsbewusstsein aussagen, Münster 2007.

Richter, Hedwig, Aufbruch in die Moderne. Reform und Massenpolitisierung im Kaiserreich, Berlin 2021. https://content-select.com/de/portal/media/view/60dc8d09-aafc-41b6-b7e3-04d9b0dd2d03 (Uninetz)

Röhl, John C. G., Kaiser, Hof und Staat. Wilhelm II. und die deutsche Politik, München 2002.

Röhl, John C. G., Wilhelm II., 3 Bde., München 1993–2008. Bd. 1: https://doi.org/10.17104/9783406717833, Bd. 2: https://doi.org/10.17104/9783406704673, Bd. 3: https://doi.org/10.17104/9783406717840 (Uninetz)

Röhl, John C. G., Wilhelm II., München 2013. https://doi.org/10.17104/9783406654831 (Uninetz, Beck’sche Reihe)

Röhl, John C. G./Nicolaus Sombart (Hg.), Kaiser Wilhelm II. New Interpretations, Cambridge u.a. 1982.

Rommé, Barbara (Red.), Schlossplatz – Hindenburgplatz – Neuplatz in Münster. 350 Jahre viel Platz, Steinfurt 2012.

Ullmann, Hans-Peter, Politik im deutschen Kaiserreich 1871–1914 (EDG 52), 2., durchgesehene Aufl., München 2005. https://www.degruyter.com/viewbooktoc/product/227494 (Uninetz)

Wehler, Hans-Ulrich, Das Deutsche Kaiserreich (1871–1918), 7. Aufl. Göttingen 1994.