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Trotz abgesagter Festivals: Diese Band ist radikal positiv! Interview mit Jojo Berger von Querbeat

Geschrieben von am 13. August 2021

© Beitragsbild von Moritz Mumpi
Als Schulband angefangen und heute auf internationalen Festivals wie dem Lollapalooza oder dem Wacken anzutreffen: Die Brasspop Band Querbeat! Wir haben den Frontmann Jojo Berger getroffen, passend zum Release des dritten Albums “Radikal Positiv”. 

Ein Interview von Alessa Voelskow

© Moritz Mumpi

Q: Hey Jojo, cool dass Du dir die Zeit nimmst für das Interview!

Jojo: Es ist alles etwas hektisch in der Release-Woche, aber noch kommen wir klar, wir dürfen jetzt auch wieder ein bisschen live spielen, das ist ganz nice.

Q: Ja ihr seid quasi schon auf dem Sprung oder? Morgen geht’s los zu einer Show?

Jojo: Genau, morgen gehts weiter. Wir haben letzten Sonntag schon live gespielt. Ab September startet dann unsere Tour zum neuen Album. 

Q: Ihr wurdet ja als Brasspop-Band bekannt, man betitelt euch aber überwiegend als “Karnevalband”. Durch Corona ist ja quasi Euer Jahreshighlight weggebrochen. Konntet ihr trotzdem als Band intern ein bisschen feiern?

J: Uns hat natürlich dieses und letztes Jahr wehgetan, dass unsere Tour ausgefallen ist, wir die schieben mussten, die ganzen Festivals auf denen wir gebucht waren, dass die nicht stattgefunden haben. Und auch unser eigenes Festival in Bonn, in unserer Heimatstadt, hatten wir ein Festival mit 25.000 Leuten organisiert, das sollte unser “Baby” sein. Das wollten wir schon 2020 an den Start bringen, mussten das auch 2021 verschieben und jetzt findet es am 4. Juni 2022 statt. Und so viel Leute zu vertrösten, so oft zu kommunizieren, dass man nicht spielt, dann selber zu überlegen wie komm ich selber damit klar, wie kommen wir als Band damit zurecht. Es war keine einfache Zeit, aber wir sind ja radikal positiv.

Q: Wie Euer neues Album!

J: Genau.

Q: Was gefällt Euch denn genau an Eurem Genre Brasspop so sehr, was macht so für Euch den Reiz aus?

J: Was wir sehr sehr gerne machen, ist Blasmusik. Also wenn man uns einfach nur sehen würde und den Ton dazu ausmacht, dann würde man wahrscheinlich nicht erwarten, dass das dann dabei rauskommt was man hört. Das Bild von Blasmusik istrecht traditionell und wir versuchen noch die Grenzen auszuloten, was Brass, was Blasmusik alles spielen kann. Das heißt wir setzen Trompeten, Posaunen, Saxophone anders ein als es man normalerweise gewohnt ist. Wir werden da auch immer wieder neu erfinden. Wir spielen mal fünf Posaunen auf einmal und die klingen dann ein bisschen mehr wie Synthesizer oder setzen verzerrten Bariton ein wo man denkt, das sei eigentlich eine Gitarre, aber ist in Wirklichkeit ein Saxophon. Als Schülerband haben wir mit Covern angefangen, viel Latin gemacht, Jazz im Grunde auch mal ausprobiert und das dann einfach weiterentwickelt.

Brasspop heißt ja nichts anderes als populäre Brassmusik. Also zugänglich gemachte Tröten.

Q: Bei uns in der Musikredaktion heißt es bei neu zugesendeten Songs: Bläser machen immer alles besser und wir sind gleich viel begeisterter von den Songs. Wie erklärt ihr euch den wieder aufkommenden Hype um die Blasinstrumente?

J: Das wäre auf jeden Fall schön, wenn das weiterhin so ist. Also wir mussten eigentlich viele Jahre gegen Windmühlen kämpfen, weil man gehört hat, Blasmusik ist nichts fürs Radio. Und sobald du da eine Tröte drin hast, ist es nicht mehr kommerziell. Oder ich sag mal, eine große Blaskapelle, wie wir auf den größten Festivals dieser Welt spielen wie das Hurricane, ist auch nicht normal.  Ich glaube das Geheimnis bei uns liegt daran, dass man die ehrliche Art und die Arbeit dahinter sieht. Ich glaube, dass man im Moment genug hat von dem DJ, der einfach auf einen Knopf drückt und dann kommen 23 Konfettikanonen und es wiederholt sich. Und man merkt, da ist ziemlich viel Vorproduziertes. Bei uns ist es halt das komplette Gegenteil, wir spielen sowas von live, dass man auch merkt wie der Kopf platzt, wie wir schwitzen, alle sind so in der Musik drin und es ist körperlich auch sehr sehr anstrengend. Und ich glaube dieses Analoge feiern wir auch sehr, kann sein, dass es auch eine Energie ist, die dabei auch wieder rüberkommt beim Hören. Wenn das jetzt auch seinen Weg wieder ins Radio findet, dann können wir uns natürlich nur darüber freuen. 

Q: Jede Musikszene hat ja so ihre Eigenarten. Wie ist so das Feeling bei den Brasspop-Szene – Also wie sind andere Bands und wie so Eure Fans drauf?

Wir mussten eigentlich viele Jahre gegen Windmühlen kämpfen, weil man gehört hat, Blasmusik ist nichts fürs Radio. Und sobald du da eine Tröte drin hast, ist es nicht mehr kommerziell.

J: Wir haben schon Konzerte gespielt mit Moop Mama, mit Meute und solchen Bands, die auch sehr brasslastig unterwegs sind. Und das ist auf jeden Fall schon ein bisschen mehr Nerdtalk als bei anderen Bands wenn man sich trifft. Man tauscht sich dann viel über die Instrumente aus zum Beispiel. Ansonsten gibt es da jetzt keine Szene wirklich. Wie gesagt, dadurch, dass wir es erfunden haben das Genre, konnten sich jetzt noch nicht so viele nachfolgen. Also wenn es dann irgendwann eine Future Brass Punk Szene gibt, rasten wir natürlich total aus. Unsere Fans sind ganz normale Fans. Wir waren zum Beispiel auf dem Lollapalooza in Berlin, ein paar Acts später kam Billie Eilish und ihre Fans waren natürlich alle schon da. Aber sie haben unseren Brasspop auf jeden Fall genauso gefeiert. Und das war auf jeden Fall auch ein cooles Gefühl. 

Q: Ihr habt ja erst angefangen mit Covern und dann eigene Songs geschrieben. Was waren da so Eure musikalischen Vorbilder?

J: Tatsächlich sind wir eingestiegen mit Buena Vista Social Club, so kubanische Blasmusik, dann weiter über Jazz, Miles Davis und haben deren Sachen gespielt. Aber privat gehört haben wir dann eher Rock und Punk, also die Beatstakes, die Ärzte, bisschen HipHop, Dendemann und so ein Stuff. Das fließt natürlich in die ersten eigenen Alben mit ein, wenn man versucht selber kreativ eigene Musik zu machen. 

Q: Euer neues Album heißt “Radikal Positiv” und hat 13 Tracks. Hoffentlich ist keiner von Euch abergläubisch…

J: Wir spielen sehr gerne mit solchen Zahlen. Wenn man schon radikal positiv denkt, dann kann man auch die 13 mal auf eine neue Rutsche setzen.

Ich glaube, dass man im Moment genug hat von dem DJ, der einfach auf einen Knopf drückt und dann kommen 23 Konfettikanonen und es wiederholt sich. Bei uns ist das komplett anders, wir spielen sowas von live dass man auch merkt wie einem der Kopf platzt…

Q: Das ist gut, denn Karneval wird es jetzt die nächsten Jahre wahrscheinlich nicht wieder geben und auch die Clubs haben in den wenigsten Städten wieder auf. Wie habt ihr denn das Bedürfnis nach feiern im Album berücksichtigt?

J: Es ist auf jeden Fall ganz viel Nostalgie und Sehnsucht mit drin, aber Karneval spielt da gar nicht so eine große Rolle. Karneval ist natürlich auch ein Lebensgefühl, wir spielen auch noch gerne auf Partys. Aber man kriegt schon ein bisschen feuchte Augen, wenn man die ganzen Festivals verpasst. Münsters Skaters Palace mussten wir auch verlegen. Da suchtet man schon nach, nach diesen mit Schweiß durchtränkten Nächten, wo einem wirklich alles egal ist.

Q: In dem Track “Eigene Regeln” heißt es in den Lyrics: Der Waschsalon verzweifelt an den Rotweinflecken. Trinkt ihr in solchen Nächten am liebsten Rotwein?

J: Auf jeden Fall sehr gerne, aber wir legen unseren Fokus auf DAS trinken und nicht auf das WAS trinken. Also wir trinken sehr gerne Bier, Gin Tonic, Weißwein. Steht alles auf unsere Agenda vor und nach den Gigs. “Eigene Regeln” ist einer unserer Lieblingssongs. Da geht es im Grunde genommen um eine Friends mit Benefits Geschichte, dass man mit jemanden zusammen ist und irgendwie eine gute Zeit hat, mit dem in die Kiste steigt und beide wissen nicht: Ist da jetzt mehr oder weniger. Aber man hat seine eigenen Regeln für seine Beziehung und hat so ein bisschen Deep Talk. Diese Rotweinmetapher steht dann so ein bisschen dafür da, dass man die langen Nächte sehr genossen hat.

Q: Bleiben wir doch erst noch bei den eigenen Regeln. Ihr seid ja in der Band 13 Leute, hinzu kommen dann noch die ganzen Mithelfer Backstage. Welche Regeln habt ihr innerhalb der Crew damit es untereinander mit Euch klappt und ihr euch nicht in die Haare kriegt?

J: Wir haben sehr wenig formulierte Regeln. Dafür, dass wir uns als Band untereinander schon sehr lange kennen und vorher schon befreundet waren. Auch unsere Crew  haben wir nicht jahrelang nach Qualifikation ausgesucht, sondern das sind teilweise Freunde die jahrelang Backstage immer mit uns rumgehangen haben. Die haben wir dann gefragt, ob die nicht mal mit anpacken wollen. Zwei Jahre später sind sie Chef von mir und können uns quasi rumkommandieren und uns Feuer unter den Hintern machen, wenn wir auf- oder abbauen. Somit sind wir ein sehr freundschaftlicher Haufen und haben uns unsere eigenen Regeln über die Jahre durch die gleichen Rahmenbedingungen geschaffen für unsere Touren.

Q: Wahrscheinlich wird sich die jetzige Tour mit dem neuen Album von denen davor unterscheiden wegen Corona. Inwieweit?

J: Das wissen wir gar nicht, in Sommer spielen wir so ein paar Corona konforme Shows, also Leute die mit Abstand in Parzellen oder Bierbänken feiern. Doch das ist nur ein weiterer Schritt hin zur Normalität. Unsere normalen Konzerte sind ja eher ausgelegt auf feiern mit Körperkontakt und um eine sehr sehr gute Zeit zusammen zu haben. Unsere Tour startet im Oktober und wir hoffen bis dahin, dass sich sowohl pandemisch als auch politisch noch einiges tut. Hoffentlich können wir Durchgeimpften mit anderen Durchgeimpften die fürs Team, für die Gesellschaft, für die Welt, alles auf sich genommen haben, um wieder zurückkehren zur Normalität und zur Kultur und das alles wieder genießen zu können.