Interview mit Trettmann
Written by Redaktion on 10. Januar 2018
Wer sich ein wenig mit HipHop beschäftigt, wird in den lezten beiden Jahren an einem Rapper nicht vorbeigekommen sein und das ist “Trettmann”. Sein Produktionsteam “Kitschkrieg” machte Autotune auch für Kritiker des gekünstelten Stimme-Verzerrens verzeihbar. Sein Album “#DIY” ist eines der hochgefeiertesten dieses Jahres. Dies war Anlass genug, den inzwischen über 40-jährigen Rapper bei seinem Konzert in Dortmund am 14. Dezember in Dortmund zu treffen, um mit ihm auf sein musikalisches Jahr 2017 zurückzublicken. Für Trettmann war es das weitaus erfolgreichste Jahr. Seine Karriere begann 2006 als “Ronny Trettmann”, der mit sächsischem Dialekt zu Raggae und Dancehall Klängen sang. Diese Persiflagen mündeten nach einer musikalischen Umorientierung seit 2015 in fünf EPs, vielen Kollaborationen und dem hochgefeierten Album “#DIY”.
Der Beitrag zum Interview zum Nachhören:
Wir gehen ja rasant aufs Jahresende von 2017 zu. Gerade 2016 und 2017 ist ja bei dir mit den Kitschkrieg-EPs und dann auch mit der “# DIY” Platte alles ziemlich durch die Decke gegangen. Wie würdest du das Revue passieren lassen?
Trettmann: Ich kenne das ja noch aus einer Zeit, wo nicht so viel passiert ist. Es ist sehr schön zu erleben, dass wenn du viel arbeitest, es sich dann auch auszahlt. Also das, was heute an einem Tag passiert, ist früher so über ein Jahr hinweg passiert!
Ja, ist gut – viel zu tun. Wenn du einem so im Arbeitsfluss bist, warum dann pausieren?!
Wie lange hast du an der “#DIY”-Platte gearbeitet?
Das lässt sich schwer festlegen. Es gab so schon Songs, die wir quasi weggelegt hatten, also Kitschkrieg und ich. Der älteste ist wahrscheinlich schon 2,5 Jahre alt. Ist dann nicht auf der Platte gelandet. Ich glaub, wir haben so vor ‘nem 3/4 Jahr hingesetzt und überlegt, was denn so auf der Platte passieren könnte und was denn die Themen sind und was meine Stärken sind. Was macht man auch um quasi nach dieser Kitschkrieg-Triologie irgendwie nochmal was Neues zu machen. Also ich würd mal sagen: Die Gedanken reifen lassen- so über ein Jahr hinweg- und dann der eigentliche Moment des Schreibens und Aufnehmens und Ausproduzierens ist bei “Kitschkrieg” passiert das eigentlich immer ziemlich schnell. Also ich geh ins Studio, hab meistens den Text schon geschrieben und nehm dann auf und geb ab.
Bei uns hat jeder quasi so seine eigene Funktion und seinen Aufgabenbereich und von da an hab ich letztendlich damit gar nicht mehr so viel zu tun.
Jetzt eine Klischeefrage: Was war so das Highlight dieses Jahr? Gab es so einen Punkt -vielleicht das Release der Platte oder die ersten großen Konzerte?
Also es fällt mir schwer mich auf ein Highlight festzulegen. Das erste große Ding war Anfang des Jahres, da haben Raf Camora und BonezMC (von der 187-Straßenbande) mich eingeladen mit auf Tour zu gehen und Warm-Up zu spielen. Das war ein Highlight. Ein anderes Highlight war zum Beispiel der Auftritt auf der “Kitschkrieg-Bühne” auf dem Splash dieses Jahr. Da hab ich mit Megaloh unsere “Herb & Mango” EP performed und dann noch meine eigene Show. Das war richtig krass, weil: Viele Leute! Und das Feedback zum Album. Das war echt umwerfend positiv.
Würdest du dir das durchlesen: Mal so einen Verriss?
Ich gehe jetzt nicht in die Comments rein oder so, aber wenn jetzt irgendeine renommierte Zeitung was schreibt schon. Ist ja auch interessant zu lesen, was die Leute davon halten. Ja, ich les es gern, weil es ist so: “Nice!”
Dieses ganze Medien-Ding: Vorher hat man immer wenig Interviews gefunden und auf einmal jetzt mega viel. Macht dir das Spaß? Weil du dich ja auch oft mit Cap, Sonnenbrille ein bisschen abschirmst?
Das Coole ist ja, dass wenn ich die Brille abnehme und das Cap, erkennt mich niemand mehr. Das ist wie Eisfeld ja auch singt, die Sonnenbrille ist das letzte Moment Privatsphäre. Ist alles cool. Vor allem bei den HipHop-Medien mag ich die Leute auch. Wir haben ja auch alle den selben Background, insofern ist das immer einfach mit den Leuten zu sprechen. Egal, wie die das im Endeffekt verwerten. Gibt’s schon Unterschiede, aber es gehört einfach mit dazu. Also wenn ich den Job nicht lieben würde, hätte ich wahrscheinlich auch keinen Bock darüber zu sprechen.
Ich hab mich gefragt -so als “Nicht-Musikerin”- ob das nicht so ist, dass wenn du grad so ein Riesen-Ding gestartet hast, ist dann nicht der Druck tierisch hoch, dass das nächste Ding auch so ein Knaller wird?
Das Schöne ist: Ich musste nie irgendwas machen, um zu gefallen. Wir machen halt das, was wir fühlen und worauf wir Bock haben & irgendwann hat man auch festgestellt, dass ehrlich zu sein mit sich selbst und den anderen immer am einfachsten ist. Garantiert gibt es eine Erwartungshaltung , aber ich hab in den letzen zwei Jahren fünf EPs gemacht und ein Album, einen Haufen Features und so weiter und sofort. Hab nicht das Gefühl, dass ich jetzt nichts mehr zu sagen hätte. Genieße grad auch das Touren, einfach weil ich stringent durchgetextet habe die letzten zwei Jahre lang und vermisse es aber auch schon wieder ein bisschen. Es entwickelt sich alles weiter und ich hab auch Bock, mich noch weiter zu verwirklichen und neue Songs und neue Ideen zu verwirklichen. Aber ich muss nichts machen, so unbedingt.
Glaubst du, es macht einen Unterschied macht, ob man so einen Riesen-Erfolg hat, wenn man ganz jung ist oder eben etwas älter? Es lässt sich ja oft beobachten, dass junge Künstler komplett austicken, wenn die Karriere in kurzer Zeit von “null auf hundert” geht.
Kann natürlich passieren, aber das ist auch immer abhängig von der Person. “Everyman do his thing a little way different”. Insofern: Ich bereue auf jeden Fall nicht, dass es bei mir so lange gedauert hat und dass ich so lange gehustled habe, weil: Ich kann es jetzt schätzen und erkenne auch so im Nachhinein, dass ich noch nicht reif war und die Zeit aber auch noch nicht reif war. HipHop und der ganze urbane Bereich hat ja in den letzen zehn Jahren eine krasse Entwicklung genommen lyrisch, finde ich: Also positiv! Und natürlich kann es jemandem zu Kopf steigen, aber kann auch Leuten mit über 30 passieren oder 40 passieren.
Hattest du ein absolutes Hammer-Konzert dieses Jahr?
Also es gab ein besonderes Konzert. Und zwar im “Übel & Gefährlich” in Hamburg. Bestimmt auch schon 8 Wochen her. Es war die “#DIY-Tour” und da waren ganz viele Gäste mit am Start. Ich werde nicht vergessen, wie die Crowd abgegangen ist, als Gzuz bei “Knöcheltief” auf die Bühne gesteppt ist. Das war so ein epischer Moment. Den hatte ich bis dahin noch nie.
Hast du das Gefühl bei Konzerten, dass es bei dir im Osten durch den Heimvorteil mehr abgeht? Also im Sinne von so Stadt-Unterschieden?
Stadt-Unterschiede gibt es, aber ich hab nicht das Empfinden, dass es verschieden ist, zwischen Ost und West. Es gibt eben halt Städte, die sind ein bisschen langsamer. Ich nenne keine Namen. (grinst) Aber es hat ja alles einen Vibe. Auch wenn die Leute jetzt keinen Pit machen und ausrasten und sich da gegenseitig verletzen. Es hat ja alles einen Moment, es ist auch angenehm vor einer Crowd zu stehen, die halt zuhört und genießt. Hat alles irgendwo seine positive Seite!
Hattest du mal ein richtiges Scheiß-Konzert, wo entweder kaum jemand da war oder die Leute nur so da gestanden haben? Wo so gar kein Gefühl in der Menge war?
Gibt es natürlich, war bei einer Ladeneröffnung in Berlin.. Alles so gescoutete hippe Leute. Der eine schicker als der andere!
Bin das erste mal auf so einer Party gewesen. Das war nicht nice. Die Veranstalter können ja auch nix dafür. Aber es war halt ungewohnt.
Fürs nächste Frühjahr ist ja eine ziemlich große Deutschland Tour angesetzt. Köln sogar schon ausverkauft und einige Konzerte auch hochverlegt worden. Hast du sonst Pläne? Ein bisschen Urlaub nach dem ganzen Stress?
Siehst du nicht, wie braun ich bin? (lacht) Neulich Wellness pur in Thailand gemacht. Bin das erste Mal in Richtung Asien gefahren. Paradiesisch! Jetzt spiele ich noch bis Weihnachten auch nochmal mit BonezMC und Raf Camora. Im Januar spiele ich noch Shows. Im Februar muss ich dann schon wieder wegfliegen und Kräfte sammeln für die zweite Schelle der “#DIY-Tour”!
Das Interview führte Mareike Greife; Foto: Mareike Greife