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Interview mit Gurr

Geschrieben von am 8. Dezember 2017

Bild: Joe Dilworth

Ihr wart im November und Dezember sehr viel unterwegs. Hattet ihr überhaupt Zeit, Weihnachtsgeschenke zu kaufen oder macht ihr das dieses Jahr auf den letzten Drücker?

Laura: Ich habe das Glück, dass ich zwei Brüder und engagierte Schwägerinnen habe, die mir schon SMS schreiben mit: “Ey, bist du dabei, wenn wir für Mama das und das kaufen?” Deswegen übernehmen die das dieses Jahr so ein bisschen. Ansonsten ist noch nicht so richtig der Kopf dafür da. Aber wir sind mega in Weihnachtsstimmung, muss man dazu sagen. Wir hören immer richtig viel Weihnachtsmusik im Van. Ich glaube, wenn man nicht Zuhause ist, spürt man immer umso krasser, wenn man ein bisschen nostalgisch wird und man es nicht so haben kann, wie es normalerweise ist.

Andreya: Wir hatten zwischendurch vier Tage in Berlin und da habe ich an einem Nachmittag kurz gedacht: Wenn ich die Geschenke jetzt kaufen würde, dann hätte ich weniger Stress. Das Ding ist, dass ich meine Großeltern in Polen besuche. Meine zwei Cousinen, mein Onkel und meine Tante sind auch alle da. Das heißt, ich muss tausend Geschenke kaufen. Ich versuche, schon alles auf so Sachen wie Handcreme zu reduzieren.

Bei Twitter habt ihr ein Bild von einem Sanifair-Gutschein mit dem Text “Picture that most defined 2017” hochgestellt. Wie viel Geld habt ihr denn einfach nur für Autobahntoiletten ausgegeben?

Andreya: Bestimmt 100 Euro. Ein Toilettengang kostet 70 Cent und wir waren das ganze Jahr über in Deutschland unterwegs. Und wenn wir im Ausland gespielt haben, sind wir auch durch Deutschland gefahren. In Holland kostet das 50 Cent – nur in England ist “Toilet-for-free”, da spart man richtig. Dazu kommt, dass wir ganz viele Zettel verloren haben und sie deswegen nicht einlösen konnten. Ich glaube, wenn die aus Plastik wären, könnten wir die viel besser aufheben. Ich finde, die Welt sollte viel mehr Plastik produzieren (lacht). Nein, Quatsch.

Laura: Ich hätte das auch gerne @Sanifair getweetet, aber die haben keinen Twitter-Account. Wir fänden es nämlich mega sinnvoll, als Band ein Jahresabo zu haben.

Ihr kommt nie drum herum, dass eure Musik mit der von anderen Bands und Künstler/-innen verglichen und in bestimmte Genres eingeordnet wird. Oft sind es eurer Meinung nach wenig gelungene Vergleiche, wie zum Beispiel das Riot-Girl-Klischee. Mit männlichen Bands werdet ihr dagegen selten verglichen. Was hat euch denn nun musikalisch geprägt?

Laura: Ich finde, dass es bei uns schon so ein bisschen post-punkige Tendenzen gibt. Ich habe zum Beispiel total viel Interpol und Joy Division gehört. Ein paar Gitarrenmelodien von uns erinnern ein bisschen daran, glaube ich. Und dann würde ich auch sagen, dass viel aus diesem 2000er-Indie kommt, also Yeah Yeah Yeahs und Arctic Monkeys beispielsweise. Ein bisschen Punk von den Ramones vielleicht noch.

Andreya: Ich dachte immer, dass wir nicht so die Garage-Band sind. Aber wenn ich jetzt die Songs höre, passt es schon ganz schön da rein. Das ist dann so ähnlich wie Chastity Belt oder The Courtneys. Als das Album entstanden ist, war mir das gar nicht so klar, es konnte nie garagig genug klingen. Jetzt ist es eine ganz ausgeglichene Mischung aus Indie und Garage. Ich finde es lustig, wenn Leute schreiben, dass es so wie 60s-Musik klingt. Das höre ich nämlich fast gar nicht heraus, außer vielleicht im Song “Computer Love”, da gibt es ein Rock’n’Roll-Riff. Aber das haben viele Bands mal.

Ihr studiert beide Medienwissenschaft im Master: Wie macht ihr das, pausiert das Studium oder macht ihr nebenbei noch was für Seminare?

Laura: Gerade liegt das tatsächlich total auf Eis. Wir sind relativ lange zweigleisig gefahren, auch, weil sich lange nicht abzeichnen ließ, dass sich das mit der Musik zu einem Vollzeitjob entwickeln kann. Sobald wir gemerkt haben, dass wir das können, haben wir die Chance ergriffen und das Studium auf Eis gelegt. Aber ich habe gestern Nacht auch schon wieder von der Uni geträumt, das ist also noch im Unterbewusstsein drin.

Andreya: Ich glaube, dass wir beide auch noch unseren Abschluss machen werden, also Laura noch eher als ich, weil sie schon mega weit ist und ich bin noch ganz am Anfang. Vielleicht mache ich auch noch was Anderes. Ich habe zwar Kurse gemacht, aber das Studium ist so aufgebaut, dass man sich die Sachen in ein Buch eintragen lassen muss, also total old school. Ich habe mir bisher gar nichts eintragen lassen – wahrscheinlich können sich die Leute gar nicht mehr an mich erinnern und ich kann die Sachen deswegen auch nicht mehr einfordern.

Welchen Song spielt ihr live am liebsten?

Laura: Das ändert sich immer. “Diamonds” macht immer richtig viel Spaß, weil wir den auch ein wenig von der Albumversion abgewandelt haben. “Moby Dick” haben wir auch so verändert, dass wir den live ein bisschen heruntergefahrener spielen. Der kann auf der Bühne ganz besonders sein. Ansonsten sind es die ganzen neuen Sachen. Wir haben gerade ein zweites Album aufgenommen und freuen uns dann immer, wenn wir zwei, drei Lieder davon in unser Set schmeißen können. Da sind wir dann noch euphorischer.

Wann kann man mit einer Veröffentlichung des neuen Albums rechnen?

Laura: Wahrscheinlich im Herbst. Gerade laufen noch Labelgespräche. Mal schauen, wer dann letztendlich unser Herzblatt wird (lacht).

Ich habe schon mal gehört, dass ihr auch mal etwas Elektronisches ausprobieren wollt. Habt ihr das jetzt auf dem zweiten Album verwirklicht oder ist es eher beim Sound des ersten Albums geblieben?

Andreya: Wir haben mal eine Session für die Sendung “Antikörper” von ByteFM aufgenommen und früher haben Laura und ich etwas zu Drum Machine geprobt. Da haben wir dann selber Songs aufgenommen und auch mehr elektronische Elemente genutzt. Das fanden wir schon mega cool, das klingt dann ein bisschen mehr post-punky. Auf dem neuen Album würde mir konkret nur eine Sache einfallen, wo wir einen Drum Beat drunter gelegt haben, aber nur kurz als Sample. Wir hätten auf jeden Fall Bock, etwas Elektronisches zu machen, aber wenn, dann full force oder mit jemand anderem zusammen.

Laura: Ich fände es toll, wenn elektronische Künstler unsere Songs mal remixen würden. Ich würde gerne mal wissen, was die daraus machen würden.

Das heißt also, dass ihr schon bei dem Sound des ersten Albums geblieben seid?

Andreya: Es ist schon ein bisschen voller und vielleicht durchdachter. Wir haben uns schon Gedanken gemacht, wie jeder Song klingen soll. Wir können jetzt noch nicht so mega viel sagen, weil wir jetzt gerade nur einfach alles aufgenommen haben. Beim Mischen entscheiden wir, ob wir es mehr reduzieren oder mega fett machen. Die Resonanz mancher Leute, denen wir es bisher gezeigt haben, war so: “Krass, das ist ja voll anders”. Aber die meisten Leute meinten, dass es eine logische Weiterentwicklung vom ersten Album sei.

Laura, du spielst auch Schlagzeug. Möchtest du das auch nochmal live machen?

Laura: Ich habe bis vor einem Jahr bei Gurr live Schlagzeug gespielt. Auf dem ersten Album habe ich auch alle Schlagzeug-Sachen eingespielt und beim neuen die meisten Songs. Man kommt ein bisschen aus der Übung. Manchmal juckt es mich dann schon in den Fingern, mich wieder ans Schlagzeug zu setzen. Ich glaube, wenn wir wieder nach Berlin kommen, machen wir das auch wieder, weil das eigentlich eine super Kombo ist mit Andreya, wenn sie ihre Gitarre mitbringt und ich Schlagzeug spiele. Bei unseren Songs ist das nämlich ganz oft das Grundgerüst, um das wir letztendlich alles schrauben.

Singst du auch, während du Schlagzeug spielst? Ist das nicht total schwierig?

Laura: Ich finde es tatsächlich ziemlich schwierig, beim Bassspielen zu singen. Aber ich habe irgendwann aufgehört live Schlagzeug zu spielen, weil man den Monitor immer sehr sehr laut machen muss, wenn man gleichzeitig singt. Da bin ich von jeder Show immer mit einem Fiepen nach Hause gegangen. Irgendwann habe ich dann gedacht: Wenn ich das jetzt noch fünf Jahre machen will, dann sollte ich mir entweder In Ears kaufen – was zu diesem Zeitpunkt keine Option war, weil es viel zu teuer war – oder eben Gitarre spielen. An der Gitarre lässt es sich schöner, differenzierter singen.

Gehörschutz ist tatsächlich ziemlich wichtig, wenn man so viel Musik macht. Da kann man sich schon mit schaden, wenn man keinen benutzt.

Andreya: Ja, das stimmt. Das und Rente sind so meine zwei größten Ängste im Leben. Wir tragen keinen Gehörschutz, das ist total dumm, das muss man sich mal geben. Ich glaube, das sollte unser Neujahrsvorsatz sein, es mal mit angepasstem Gehörschutz auszuprobieren. Ich kenne viele Künstler, die sagen, man hört dann nicht so richtig, wenn man die drin hat. Da muss man halt die Passenden finden. In Ears wären schon geil, aber dann müssen wir echt herauskriegen, wie es dann gut klingt.


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