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Ludwig van Beethoven und die Wiener Klassik

Geschrieben von am 12. Juni 2017

Beethoven wurde während seines Lebens taub. Trotzdem hat er mit seinen Werken die Klassik überwunden und der Romantik den Weg bereitet.

Ludwig van Beethovens Leben beginnt ein wenig verschleiert, denn das genaue Geburtstdatum ist unbekannt. Man weiß nur, dass er am 17. Dezember 1770 getauft wurde. Beethoven wird in eine Musikerfamilie hineingeboren, denn schon sein Großvater war Hofkapellmeister in Bonn und auch sein Vater Johann arbeitete als Musiker. Allerdings war dieser dem Alkohol etwas zu freundlich gestimmt, was sich nicht nur auf seine Karriere auswirkte sondern auch noch für das Leben von Ludwig van Beethoven eine Rolle spielen sollte. Trotzdem war sein Vater die erste treibende Kraft hinter der musikalischen Ausbildung von Ludwig, denn er wollte aus ihm ähnlich wie Mozart, ein Wunderkind machen. Deswegen stand fleißiges Üben auf dem Stundenplan, um die richtigen Noten vom Blatt spielen zu können. Improvisieren wurde unterbunden. Ein paar Jahre später wurde Ludwig van Beethoven aber vor allem auch durch den Hoforganist Christian Gottlob Neefe unterrichtet. Neefe unterrichtete ihn im Klavier und auch in Komposition. 1778, als Beethoven gerade mal sieben Jahre alt war, hatte er seinen ersten öffentlichen Konzertauftritt. Für seine Karriere zahlte sich diese Förderung aus, denn Beethoven war ein exzellenter Pianist, einer der besten seiner Zeit. 

Der erste Auftritt war geschafft, aber auch die ersten Kompositionen sollten nicht lange auf sich warten. Mit zwölf Jahren veröffentlichte Beethoven mit seinem Lehrer Neefe die ersten Kompositionen und mit 13, 1783, wurde er bereits als Musiker an der Bonner Hofkapelle angestellt, bei der er später als Hoforganist aufstieg. Das hier ein Genie heranwächst, wird schon früh deutlich. Neefe lobt seinen Schüler Beethoven in einer Zeitschrift: „Er wird gewiss ein zweiter Wolfgang Amadeus Mozart..Man sollte ihn fördern und auf Reisen schicken.”
Mit 16 reiste Beethoven zum Studium nach Wien, wo er angeblich Unterricht bei Mozart nehmen wollte. Beethoven war jemand, der viel von anderen lernen wollte. Er nahm immer wieder Unterricht bei verschiedenen Musikern, um verschiedene Stile kennenzulernen. Allerdings musste er die Reise nach Wien kurzfristig abbrechen, da seine Mutter 1787 starb. Beethoven fuhr also wieder zurück nach Bonn und übernahm die Rolle des Familienoberhaupts für seine beiden jüngeren Brüder, obwohl der Vater noch lebte. Dieser war aber zu alkoholkrank. Mit 19 Jahren trug Beethoven daher schon eine gewaltige Verantwortung, er konzentrierte sich aber weiter auf seine Musik. 1792 reiste er wieder zurück nach Wien, um bei Haydn zu studieren. Im selben Jahr verstarb auch sein Vater, seitdem blieb Beethoven aber in Wien. Dort gelangte er schnell in die höheren Adelskreise, die ihn finanziell unterstützten und er verdiente sich auch mit Unterrichten und dem Verkauf der Noten seiner Werke Geld dazu. Beethoven komponierte weiter einige Werke für das Klavier. Darunter auch die Sonate mit dem Namen „Pathétique” aus dem Jahr 1799. Bei dieser Sonate übertrug er barocken Pathos und Würde in klassische Dimensionen. Sie ist dem Fürsten Karl von Lichnowsky gewidmet, den Beethoven als einen der „treuesten Freunde und Beförderer” seiner Kunst sehr schätzte. Gleichzeitig wird sie auch als „Durchbruch” zu seinem eigenen Ausdrucksstil gesehen.

Nun entstanden in den ersten Jahren in Wien vor allem Klaviersonaten von Beethoven. Später setzte er sich aber auch mit zwei wesentlichen Gattungen der Klassik auseinander: dem Streichquartett und der Sinfonie. Von der ersten bis zur neunten Sinfonie von Beethoven kann man eine sehr aufschlussreiche Entwicklung beobachten. Die Größe des Orchesters nimmt zu, die Sinfonien werden länger und auch die Form entwickelt sich weiter. Wie auch bei anderen Gattungen können seine Sinfonien als Höhepunkte der Klassik und Wegbereiter der Romantik gesehen werden. Durch seine Klaviersonaten und Kammermusik war Beethoven vor allem bei den Adligen bekannt. Bei der Sinfonie änderte sich das. Hier wendete er sich an ein bürgerliches Publikum. Seine erste Sinfonie wurde im Rahmen der „Großen musikalischen Akademie” im Wiener Hofburgtheater 1800 uraufgeführt. Er dirigierte selbst und spielte neben einem eigenen Klavierkonzert auch Werke von Mozart und Haydn. Und das mit großem Erfolg, denn in der Allgemeinen Musikalischen Zeitung las man: „Endlich bekam doch auch Herr Beethoven das Theater einmal, und dies war wahrlich die interessanteste Akademie seit langer Zeit…am Ende wurde eine Sinfonie von seiner Komposition aufgeführt, worin sehr viel Kunst, Neuheit und Reichtum an Ideen war.” Auch wenn Beethovens erste Sinfonie noch deutlich Einfluss von Haydn zeigt, sieht man auch hier schon, dass er große, satzübergreifende Zusammenhänge schaffen wollte und in musikalischen Prozessen gedacht hat. 

1806 wurde Beethovens erstes und einziges Violinkonzert uraufgeführt. Es wurde offenbar so knapp vor der Uraufführung im “Theater an der Wien” fertig, dass der Solist und Widmungsträger Franz Clement seinen Teil im Konzert vom Blatt spielen musste. Anfangs, aber wohl weniger aufgrund Clements Können, wurde das Violinkonzert stark verurteilt. Beethoven war häufig seiner Zeit voraus, auch dieses Werk war völlig neuartig für seine Zeit. Es hat einen Umfang, wie noch kein Violinkonzert davor. Dennoch erlebte auch das Violinkonzert seinen verdienten Durchbruch, nachdem Joseph Joachim es als Dreizehnjähriger 1844 unter der Leitung von Felix Mendelssohn in London gespielt hatte. Seitdem ist es aus der Konzertliteratur für Violine nicht mehr wegzudenken und es gibt die verschiedensten Aufnahmen, bei dem es mal traditionell klassisch, mal romantisch und noch ein anderes Mal sehr leidenschaftlich gespielt wird. 

Drei Jahre nach dem Violinkonzert, 1808, schreibt Beethoven seine berühmte fünfte Sinfonie. In der Klassik war es typisch ein musikalisches Thema als Träger der Idee zu verwenden. Bei dieser Sinfonie verzichtete Beethoven auf ein musikalisches Thema und verwendete dafür lieber ein einziges rhythmisches Motiv, was sich durch alle Sätze durchzieht. Im selben Jahr entstand aber auch noch seine 6. Sinfonie, die wiederum einen neuen Impuls in die Musikgeschichte einbrachte. Seine „Pastorale”, wie sie auch heißt, könnte als die erste Programmmusik gelten. Es ist eine Sinfonie mit außermusikalischem Inhalt, der durch die Titel der einzelnen Sätze mitgeteilt wird. Das gibt es unter anderem das „Erwachen heiterer Gefühle bei der Ankunft auf dem Lande”, ein „Lustiges Zusammensein der Landleute” oder auch „Gewitter, Sturm”. Trotz des programmatischen Inhalts ist die Musik dennoch mehr Ausdruck der Empfindung als Malerei: “Pastoralsinfonie keine Malerei, sondern worin die Empfindungen ausgedrückt sind, welche der Genuss des Landes im Menschen hervorbringt, wobei einige Gefühle des Landlebens geschildert werden. […] Man überlässt es dem Zuhörer, die Situation auszufinden. Sinfonia caracteristica – oder Erinnerung an das Landleben.”
Die Inspiration für die Sinfonie zieht Beethoven direkt aus der Natur selbst. Er wandert oft durch die Natur und macht sich Notizen: “…zwischen Heiligenstadt und Grinzig, in einem Wiesental, die “Szene am Bach” aus der Pastorale entstanden ist – und die Goldammern da oben, die Wachteln, die Nachtigallen und Kuckucke ringsum haben mitkomponiert.” 

Beethoven soll ein schwieriger Charakter gewesen sein, es ist wenig über ihn bekannt. Schon in der Kindheit soll er ein Einzelgänger gewesen sein und er galt als extrem launisch. So sagte Goethe beispielsweise nach einer Begegnung mit ihm: „Zusammengefasster, energischer, inniger habe ich noch keinen Künstler gesehen. Ich begreife recht gut, wie er gegen die Welt wunderlich stehen muss”. Sein Hauspersonal soll es beispielsweise nie lange bei ihm ausgehalten haben. Beethoven war aber durchaus bewusst, dass seine Umwelt es nicht immer leicht mit ihm hatte und er fühlte sich oft missverstanden. Bei seinem aufschäumenden Temperament kam es dann schnell zu Streit oder sogar Handgreiflichkeiten. Teilweise versuchte er seine raue Art mit seiner Taubheit zu rechtfertigen. So rätselhaft der Charakter Beethoven war, so rätselhaft war auch sein Verhältnis zu Frauen. In seinem Leben spielten Frauen in vieler Hinsicht eine entscheidende Rolle, ob nun als Freundinnen und Vertraute, Interpretinnen oder als Widmungsempfängerinnen. Beethoven war so einige Male verliebt und trotzdem hat er kein einziges Mal geheiratet. 1799 lernte er Josephine Brunsvik kennen. Er war ihr Klavierlehrer und als der erste Ehemann von Josephine starb, begannen die beiden eine Liebesbeziehung. Allerdings standen dieser Liebe einige Hindernisse im Weg, Josephines Familie wollte, dass sie sich von Beethoven zurück zieht. Und so geschah es auch. 1810 heiratete Josephine jemand anderen. Zeitgleich lernte Beethoven eine andere Frau durch seinen Freund Ignaz von Gleichenstein kennen. Die junge Therese Malfatti und verliebte sich auch direkt. Da Josephine auch schon verheiratet war, plante Beethoven offenbar auch Therese Malfatti zu heiraten. Diese lehnte den Antrag aber ab, was Beethoven jedoch erstaunlich leicht verkraftete. Ein Stück hatte er für sie auch geschrieben. Das bekannte „Für Elise”, was wohl eigentlich „Für Therese” heißen sollte, nur wurde die Widmung später falsch gelesen. 

1812 verfasste Beethoven den berühmten Brief an die „Unsterbliche Geliebte”. Die Identität der Frau wird nicht genannt und ist bis heute auch nicht geklärt. Der Brief richtete sich aber an eine Frau, mit der er sich kurz zuvor in Prag getroffen hatte. Aus dem Brief geht unter anderem die gegenseitig eingestandene Liebe hervor, allerdings wird auch deutlich, dass einer gemeinsamen Zukunft große Hindernisse entgegenstehen. Eine Kandidatin für die „Unsterbliche Geliebte” könnte Josephine Brunsvik sein. Beethoven hatte seiner unsterblichen Geliebten den Brief geschickt, diese schickte ihn jedoch wieder zurück. Und Beethoven behielt ihn bis an sein Lebensende.
Beethoven hatte wohl nicht so viel Glück in der Liebe, dafür war er aber musikalisch umso erfolgreicher. 1814 erlebte Beethoven den Gipfel seines Ruhms mit seiner einzigen Oper „Fidelio”. 1805 hatte er sie in einer anderen Version unter dem Namen „Leonore” schon mal aufgeführt und damals erntete sie noch schlechte Kritiken. Neun Jahre später sah das anders aus und das Wiener Publikum feierte die Oper vor allem wegen des berührenden Stoffes und der Qualität der Musik. Die Oper stellt das Humanitätsideal der Klassik vor dem Hintergrund von absolutistischer Willkür dar und verherrlicht die Freiheit. Jeder Mensch soll frei sein. Zudem erweckt die Ablösung des Adels durch das Bürgertum den Drang nach Bildung und das Gefühl der kulturellen Verpflichtung.
Die Arbeit an dieser Oper ist beispielhaft für Beethovens Art und Weise zu Komponieren. Beethoven nahm sich sehr viel Zeit für seine Kompositionen, er ging fast wissenschaftlich an die Musik heran. Für ihn war es wichtig, dass er etwas schaffte, das auch noch für die Nachwelt von Bedeutung sei. Außerdem sollte es ganz klar seine Handschrift tragen. Die Werke sollten unverwechselbar sein und sein eigener Stil sollte hörbar sein. Und so feilte er lange an seinen Werken, korrigierte und verbesserte sie immer wieder, womit er in seinen 56 Lebensjahren rund 340 Werke hinterließ, wobei Mozart in 35 Lebensjahren über 600 Werke schrieb.  

1819 beginnt Beethoven mit seiner Arbeit an der Missa solemnis. Die Messe war gedacht für die Inthronisation des Erzherzogs Rudolph zum Erzbischof von Olmütz. Vier Jahre später, 1823 wird die Messe in St. Petersburg aufgeführt und sprengt damit alle bisherigen Rahmen der Konzertaufführung. Beethoven geht vom Textgehalt aus und deutet diesen neu und persönlich. Er will, dass seine Musik bei den Musikern und auch beim Publikum einen tiefen inneren Sinn für Gott und seine Schöpfermacht weckt und stärkt. So schreibt er zum ersten Teil seinerMesse: „Von Herzen – möge es wieder zu Herzen gehen.” Ein Jahr später, 1824 wurde die Messe erneut in einem Konzert aufgeführt. In einer etwas anderen Form und vor allem zusammen mit einem anderen großen Werk von Beethoven: Der Neunten Sinfonie. Die Sinfonie mit ihrem Schlusschor über Schillers “Ode an die Freude” sprengt die Gattung der Sinfonie. Die Vertonung bildet den Höhepunkt der Klassik in seiner Verbindung von Antike, Glaubens- und Gedankenfreiheit und optimistischer Humanität. Beethoven wird gefeiert, doch hören kann er den Beifall und seine Sinfonie nicht mehr.

Streichquartette zählten zu den letzten Werken die Beethoven noch beendet hat. 1826 erkrankte er an einer schweren Lungenentzündung. Ein Jahr später starb Beethoven am 26. März 1827 in seiner Wiener Wohnung. Er wurde im Währinger Friedhof beigesetzt, wobei sich zahlreiche Leute versammelten, um sich von ihm zu verabschieden.

Beethoven war einer der ersten Komponisten, die Musik dramaturgisch mit einem großen Finale aufbauten. Typisch für seine Musik ist das Ernste und Dramatische, geprägt von Pathos und heroischem Ausdruck. Außerdem hat Beethovens Musik auch immer etwas Unberechenbares. Immer wieder gibt es Wendungen in seinen Werken, die man nicht erwartet hätte. Er steigerte den Themendualismus, die Dynamik, schaffte größere Kontraste, indem er Rhythmus und Harmonik viel extremer behandelte und damit die Klassik überwindet. Beethoven gilt als erster typischer Individualist, er war von Anfang an ein freischaffender Künstler und bleibt als solcher auch unvergessen.


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