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Interview mit Kat Frankie

Geschrieben von am 23. März 2018

„Bad Behaviour“ heißt das vierte Album der gebürtigen Australierin Kat Frankie, das Anfang Februar erschien. Auf dem Album entdeckt die in Berlin lebende Sängerin die Loop Station, versucht von dem Singer/Songwriter-Image loszukommen und gibt zudem persönliche Einblicke. Auf „Bad Behaviour“ hört man eine andere, vielseitigere Kat Frankie. Nach einer erschwerten Fahrt mit dem Tourbus durch Schnee und Sturm erreichte sie zum Glück doch den nächsten Stopp auf ihrer Tour: Münster. Vor dem Auftritt sprach sie mit uns über ihre Heimat Australien, ihr neues Album „Bad Behaviour“ und Politik in der Musik.

Du bist ja nicht das erste Mal auf Tour in Münster.

Nein, es ist schon das dritte Mal, dass ich im Gleis 22 spiele. Aber ich hab auch ein paar mal im Skaters Palace gesungen: mit Olli Schulz und Clueso. Es müsste also schon das fünfte oder sechste Mal in Münster sein.

Hast du dabei was von Münster sehen können? Oder immer nur angekommen, gespielt und weiter.

Nee, nee. Das letzte Mal mit Olli hatte ich Zeit, weil wir eine Nightliner-Tour gemacht haben. Und wenn man in einem Nightliner reist, dann hat man ein bisschen mehr Zeit die Stadt zu sehen. Aber heute leider nicht.

Du bist ja 2004 von Sydney nach Berlin gezogen. Vor allem wegen der Musik, weil es deiner Aussage nach in Berlin einfacher ist Musik zu machen. Was ist denn der Unterschied zwischen der australischen Musikszene und der deutschen Szene?

Gerade in Berlin sind wir in einer Blase. Und es ist natürlich ein bisschen anders, als das, was in ganz Deutschland passiert. Aber in Sydney sind die Leute einfach nicht so offen für neue Dinge und es ist sehr teuer dort als Künstlerin zu leben. Das macht es einfach schwerer zu arbeiten und auf Tour zu gehen. Den ersten Unterschied, den ich bemerkt habe, war, dass es in Deutschland überall so kleine Cafés, Kneipen und Keller gibt. Alle Leute, die in der Nähe wohnen, kommen gerne da hin und geben fünf Euro aus, um was neues zu hören. In Sydney macht man das nicht. Dort werden gerne 200 Euro ausgegeben, um Bruno Mars zu sehen. Das ist auch ok, aber die sind nicht so neugierig. Das ist in Deutschland anders.

Sowas macht es natürlich für neue oder aufstrebende Künstler ziemlich schwer.

Ja, genau das. In Sydney und Australien braucht man ein bisschen mehr Geld, um eine Karriere zu etablieren.

Würdest du das schon musikalisch versnobt nennen?

(lacht) Nein, gar nicht. Sie wollen nur entertaint werden. Das ist eine andere Art von Unterhaltung.

Wenn du sagst, Berlin ist ein anderes Umfeld und dort ist es einfacher sich weiterzuentwickeln, inwiefern ist es für Musiker wichtig ein Umfeld zu haben, in dem sie sich ausprobieren können?

Natürlich ist es wichtig. Außerdem gibt es in Berlin eine sehr große Musikszene und immer neue Leute aus verschiedenen Ländern, die neue Ideen und Techniken mitbringen. Es gibt eine große Mischung von Ideen. Die Leute sind einfach offen, interessiert und engagiert. Das macht alles leichter, wenn man mit der Karriere anfängt.

Nach jetzt vierzehn Jahren, ist Berlin da für dich zu einem Zuhause geworden?

Ich hab jetzt fast ein Drittel meines Lebens dort gewohnt, alle meine Freunde sind da, meine Karriere hat da begonnen. In Berlin fühle ich mich wohl. Es ist irgendwie mein Kiez. Wenn ich nach Australien gehe oder Australien besuche, fühle ich mich ein bisschen wie eine Touristin. Das Gute daran ist, es ist wirklich wunderbar eine Touristin in Australien zu sein, anstatt dort zu wohnen. Es ist ein sehr, sehr schönes Land, es ist wunderbar zum Besuchen. Aber für die Arbeit und Kultur ist natürlich Berlin meine Heimat.

Kommen wir mal zu deinem neuen Album “Bad Behaviour“. Wie kam es zu dem Titel?

Es gibt vielleicht zwei Gründe. Der Erste ist natürlich, dass es einen Song auf der Platte gibt, der „Bad Behaviour“ heißt. Das ist der erste Track, den ich für diese Platte geschrieben habe. Außerdem ist es irgendwie ein Thema geworden für das ganze Dingen. Ich hab so unterschiedliche Lieder drauf: Popstücke, melancholische Songs, Protestlieder. Es ist sehr, sehr vielfältig. Irgendwann hab ich mir gedacht, ich mach, was ich will. Obwohl das vielleicht ‘bad behaviour‘ ist, ich mach das trotzdem. Es ist quasi ein Motto für mich geworden. Viele der Lieder sind eine Weiterentwicklung von dem, was ich mache. Es gibt viele neue Ideen. Und es ist diese Haltung. Nicht an andere Leute zu denken, nicht an Erwartungen zu denken und zu machen was ich will. Und ‘forget about it‘. (lacht)

Zwischen deinem letzten Album „Please Don‘t Give Me What I Want“ und „Bad Behaviour“ sind sechs Jahre vergangen. Wie kam es dazu?

Ich hab eigentlich eine Platte mit Keøma herausgebracht. Daran hab ich mitgeschrieben und sie produziert. Also war ich immer aktiv. Ich war auch eineinhalb Jahre in der Band von Olli Schulz auf Tour und hab dabei akustische Gitarre für ihn gespielt. Ich hab auch auf seiner Platte gesungen, dann kam das Lied mit Clueso raus und ich war ein Jahr mit ihm auf Tour. Ich hab gar nicht aufgehört Musik zu machen. Es war nur so, dass ich kein Kat-Frankie-Album herausgebracht habe. Deshalb sind ein paar Jahre vergangen. Ich wollte andere Dinge machen. Und ich brauchte ein bisschen Zeit. Als „Please Don‘t Give Me What I Want“ herauskam, war das die dritte Platte von mir und ich brauchte neuen Input. Darum hab ich in anderen Projekten gearbeitet. Ich brauchte ein bisschen Zeit für neue Ideen.

Diese neuen Ideen hört man auch auf dem neuen Album. Es ist nicht mehr die Singer/Songwriterin Kat Frankie, die man kannte. Ist das eine Art Weiterentwicklung oder Neuanfang?

Eine Weiterentwicklung. Ich glaube, das Ding ist, wenn ich vor zwei oder drei Jahren noch ein Album herausgebracht hätte, würde es sich nicht wie eine Weiterentwicklung anfühlen. Man könnte die Entwicklung nicht so deutlich hören. Platten sind Schnappschüsse von den Liedern, an denen ich arbeite.

Du arbeitest auf dem Album viel mit einer Loop Station. Dadurch ist das Album schwer einzuordnen. „Home“ ist ein sehr gitarrenlastiger Song, während „Forgiveness“ starke elektronische Einflüsse hat und „Finite“ oder „Spill“ sind wiederum typische Balladen. Wie würdest du den Stil auf dem Album selbst bezeichnen?

Das ist hart. Ich interessiere mich für alles, will alles probieren und alles machen oder lernen zu machen. Wenn ich Lieder schreibe, denke ich nicht an die Platte, sondern an das Lied. Jedes Lied ist eine eigene Welt. Wie unterschiedliche Kapitel in einem Buch. Jedes Stück hat seine eigene Geschichte und sein eigenes Konzept. Das Album spiegelt nur mich und meinen Geschmack wider. Ich hab alles gesungen und produziert. Eigentlich gibt es keinen roten Faden. Ich wollte eine Pause nehmen von akustischen Gitarren, weil ich die über die Jahre so oft gespielt habe. Was ich immer interessant fand: Wenn man singt und nebenbei Gitarre spielt, ist man automatisch Singer/Songwriter. Natürlich bin ich noch immer eine Singer/Songwriterin, weil ich schreibe und singe, aber ich produziere auch. Auf der Platte gibt es auch Synthesizer und Beats. Bei dieser Tour wollte ich nicht mehr nur die Singer/Songwriterin sein und melancholische Stücke machen, sondern ein bisschen Spaß haben. Das war schon am Anfang ein Plan.

„Finite“ zum Beispiel ist ein sehr persönlicher Text über das Ende einer Beziehung. Auf dem Album finden sich viele persönliche Texte und Themen. Aber auch sehr politische Texte, wenn man sich „Versailles“ oder „Home“ anhört. Ist das Album politisch geprägt?

In „Home“ geht es um Empörung. Nach dem Anfang der ‘Black Lives Matter‘-Bewegung und als das Gewachsen ist, kamen die ‘Marriage Equality‘-Debatten in Deutschland und Australien auf. So viele Leute haben so viel Blödsinn geredet und ich hab mich einfach geärgert und „Home“ geschrieben. Es war nur eine Reaktion. „Versailles“ würde ich als feministisch bezeichnen, denn es geht um den Frauenmarsch am Anfang der Französischen Revolution. Das war eine kleine Geschichtsstunde, die ich interessant fand. Ich bin eigentlich nicht so ein politischer Mensch, aber in den letzten paar Jahren gab es so viel Scheiß. Ich bin ein Mensch, ich reagiere.

Sollte Musik sich denn in politische Themen einmischen oder eine Stellung beziehen?

Ich hab in den letzten Jahren auf jeden Fall überlegt, was meine Verantwortung als Künstlerin und Musikerin ist. Jeder hat seine eigene Meinung. Was Kunst machen kann, was Musik machen kann. Was die Verantwortung ist, die man hat, in diesen politischen Zeiten. Das ist vielleicht total kitschig, aber am Ende des Tages sind wir alle Menschen und alle haben ihre Meinungen. Wenn man eine Stimme und eine Plattform hat, muss man selbst entscheiden, ob man sie nutzt. Nicht jeder hat eine Meinung. Ich würde sagen, als Mensch hat man einen Mund, eine Stimme, also sollte man sie nutzen.

Vor der Entstehung hast du also nicht gedacht, du könntest mal ein politischeres Album machen?

Nee, nee, nee. Ich hab einfach Lieder geschrieben. Das ist eine ziemlich einfache Antwort, aber ich hatte keinen großen Plan, um politische oder intime Lieder zu schreiben. Ich dachte nur, jetzt sag und mach ich, was ich will.

Wir haben schon die ganze Zeit von einem persönlichen Album geredet und du singst ja auch das Duett mit Clueso. Jetzt interessiert mich, wie man Gefühle am besten besingen kann. Auf Englisch oder auf Deutsch?

(lacht) Auf Englisch. Es war so schwer, diese Aufnahmesession. Ich hab ein paar Wochen vorher die Texte bekommen und diese Zeile ‘Nichts schlechtes zu sehen‘ war so schwer für mich. Ich glaube, ich musste es zwanzig mal aufnehmen, weil ich es nicht aussprechen konnte. ‚Nichts schlechtes zu sehen‘…oh…und wenn es auf englisch geschrieben ist, ist es ein bisschen sanfter. Aber ich will eigentlich mehr auf Deutsch singen. Ich möchte das für meine nächste Platte machen. Es ist ein Auftrag. Ich mach das!

Das komplette Album oder einige Lieder?

Mal sehen. Ich versuche erst einmal ein paar Lieder. Wenn ich eine ganze Platte schaffe, wäre es wirklich cool. Das ist jetzt die Herausforderung für mich. Und wenn ich was auf Deutsch mache, werde ich kollaborieren, weil meine Grammatik so scheiße ist. (lacht)

Mit Künstlern, Songwritern oder Produzenten?

Mit allen. Es gibt keinen großen Unterschied mehr zwischen Songwritern oder Produzenten. Heutzutage machen alle ein bisschen von allem.

Wir haben ja vorhin schon von Australien gesprochen. Deine ersten Auftritte hattest du dort in Pubs. Letztes Jahr hast du dann auf dem Kinkerlitzchen Festival in einer Kirche gespielt und auf deiner Tour eher in kleinen Clubs. Welche Locations gefallen dir am besten?

Kirchen sind wirklich, wirklich toll Solo zu spielen, denn es gibt einen schönen Hall und Echo. Mit Band geht es jedoch gar nicht, weil die Musik dann eher zu einem großen Brei wird. Und Rockclubs machen einfach sehr viel Spaß.

Das Interview führte Steffen Jöne

Foto: Timothy Wiehn