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Interview mit Beach Slang

Geschrieben von am 23. August 2016

Beach Slang werden am 23. September ihr neues Album “A Load Bash Of Teenage Feelings” veröffentlichen – nur wenige Monate nach dem Release ihres Debütalbums. Wir haben mit dem Sänger und Gitarristen James Alex und dem Gitarristen Ruben Gallego gesprochen.

Du sagtest in einem Interview, einer der Gründe, das erste Album (“The Things We Do To Find People Who Feel Like Us”) zu veröffentlichen, war, dass ihr einfach noch nicht viele Songs veröffentlicht hattet. Was war nun die Motivation zum zweiten Album?

James: Für dieses Album versuche ich Geschichten von Leuten zu erzählen, die ich beim Touren getroffen habe. Ich will sozusagen ihre Erzählungen verstärken, weil ich der Meinung bin, dass diese Geschichten es verdient haben, gehört zu werden. Bevor ich Musiker wurde, wollte ich Schriftsteller sein. Und jetzt reisen wir durch die Gegend und treffen Leute, die so viele fantastische Sachen zu sagen haben.

Heißt das auch, dass im Vergleich zu eurem Debütalbum sich “A Loud Bunch of Teenage Feelings” mehr durch ein bestimmtes Konzept oder einer Struktur auszeichnet?

James: Nein, das glaube ich nicht. Unsere erste Platte war eher eine Sammlung von zweiminütigen Erzählungen über mich und meine Freunde. Auf der neuen Platte sind es eher Erzählungen über mich und meine neuen Freunde.

Was haben diese Geschichten an sich, das dich dazu bewegt hat eine komplette Platte darüber aufzunehmen?

James: Nun, das passierte ganz natürlich. Aber ich war noch nie in der Position, dass Menschen sich dabei wohlfühlen, mit so heftigen Sachen zu mir zu kommen. Als so etwas dann zum ersten Mal passiert ist, war es wie “Moment mal! Da baut sich eine Verbindung auf, von der ich nicht gedacht hätte, dass sie möglich sein könnte.” Und es hat sich einfach richtig schön und gut angefühlt.

Würdet ihr euch selbst als “erwachsen” bezeichnen? Eure Musik klingt immer noch so befreiend jugendlich. Habt ihr immer noch diese “teenage feelings”?

James: Ohne Zweifel. Es gibt keinen Wunsch, erwachsen zu werden. Weißt du, wir wollen leichtsinnig, rücksichtslos, schlampig und besoffen sein. All die guten Dinge im Leben eben. Aber ich glaube, man beginnt eine gewisse Verantwortung zu sehen, über krasse Themen schreiben zu müssen, wenn sie dir über den Weg laufen. Aber es gibt immer noch diese rücksichtslose Art, mit der wir so ziemlich alles angehen. (lacht)

Lasst uns über den Sound eures neuen Albums reden. Wenn ich “A Loud Bash of Teenage Feelings” mit eurem Debütalbum, “The Things We Do…”, vergleiche, klingt es für mich wie etwas, das ich erwartet hätte. Seht ihr das ähnlich oder habe ich einen starken Bruch übersehen?

James: Nein, es gibt auf jeden Fall keinen großen Bruch. Es kam etwas mehr Brit-Pop und Shoegaze dazu oder auch eben der andere Ansatz beim Texten. Ich glaube, wir haben vielleicht auch eine bewusste Entscheidung getroffen, etwas mehr brüllend und dreckiger zu klingen bei dieser Platte. Wir sind so viel getourt, dass sich für uns dieses Live-Gefühl, bei dem alles ein bisschen außer Kontrolle gerät, ziemlich natürlich anfühlte. Und ich glaube, klanglich identifizieren wir uns damit mehr auf dieser Aufnahme als bei der ersten.

Ruben: Es gab Tage, an denen wir Verstärker miteinander verbunden haben und einfach herumprobiert haben. Wir haben mit vielen Sachen experimentiert, von denen wir gedacht haben, dass sie bei Live-Situationen cool sein würden. Ich glaube, das hat echt gut funktioniert.

“Warpaint”, der letzte Song auf “A Loud Bash of Teenage Feeling”, endet nicht, wie es noch bei “The Thins We Do To Find People Who Feel Like Us” war, mit einem großen Finale. Es klingt eher, als würde die Band nach einem spontanen Jam plötzlich einfach die Instrumente in die Ecke stellen. Warum wollt ihr eure Fans nach dem Hören der Platte mit einem solchen Ende entlassen?

James: Dieser Song war der persönlichste Song, den ich für die Platte geschrieben habe. Für mich hat es sich einfach so angefühlt, als wäre das die richtige Art die Platte enden zu lassen. Wir haben es auf eine sehr intime Art aufgenommen, denn ich wollte, dass es sich so anfühlt, als würde ich einfach mit ihr im Schlafzimmer sitzen, wo ich sie daran erinnere, am Leben zu bleiben. Und ich wollte unbedingt, dass es das Letzte ist, was ich auf diesem Album sage: “Don’t be afraid to wanna be alive!” Ich wollte einfach, dass es ein richtig süßer Liebesbrief wird und nicht schon wieder dieses große, laute, epische Ende.

Ist das Songwriting für dich eher ein emotionaler Prozess, bei dem du einfach deinen Gefühlen freien Lauf lässt, oder orientierst du dich eher daran, wie es hinterher klingen soll?

James: Also es ist definitiv nicht wissenschaftlich oder so. Ich hab mal dieses Interview mit Frank Black von den Pixies gelesen. Er hat gesagt, er schreibt Songs, indem er einfach in sein Zimmer geht, sich seine Gitarre schnappt und rumschreit bis er einen sogenannten “eargasm” hat. Dieser Moment bei dem man Gänsehaut bekommt und man weiß, dass man etwas hat, das man weiter verfolgen sollte. Das ist kein großer Unterschied zu dem was ich mache. Ich bin in meinem Zimmer und leg los. Schlage ein paar Akkorde in die Gitarre, spiele ein bisschen mit Melodien rum und probiere als erstes immer ein paar Vokale krachen zu lassen. Keine Ahnung warum mir das hilft, da was raus zu kriegen.

Ich glaube, die Magie bei Rock’n’Roll oder jeder anderen kreativen Kunst, bei der man etwas aus dem nichts erstellt, ist, dass sich plötzlich irgendetwas in deinen Knochen anspannt und es sich irgendwie richtig anfühlt. Überwiegend ist es Glück. Harte Arbeit und Glück. Ich fühle mich nicht so, als sei ich mit einer besonderen Fähigkeit geboren, oder so. Ich bin einfach nur zu hartnäckig zum Aufgeben. Und ich glaube, wenn man irgendetwas lange und hart genug probiert, hat man irgendwann Glück.

Was empfiehlst du Leuten, die ihre Gefühle gerne los werden möchten und es nicht schaffen, diese durch Musik zum Ausdruck zu bringen? Was würdest du tun?

James: Ich würde Romantik in den Bemühungen sehen. Ich habe 10.000 grausame Songs geschrieben, bis ich endlich einen geschrieben habe, der nicht so schlecht war. Aber es hat etwas Wunderschönes, danach zu suchen. Du fängst an, ganz neue Seiten an dir zu entdecken. Also selbst, wenn man kein unglaubliches Kunstwerk schreibt – oder malt oder formt oder welches Medium man eben wählt – gibt es etwas, das man schon an der Herausforderung selbst abfeiern kann.

Wir leben irgendwie in einer Kultur, in der man so schnell wie möglich belohnt werden möchte. Und ich glaube, wir vergessen diese Romantik in dieser “trash-period”, wie ich sie nenne. Dieser Zeitraum, in dem man es noch nicht richtig raus hat. Aber da ist irgendwas Cooles am Entdecken und Staunen und Versuchen. Ich glaube, wenn man das bemerkt und das aufrichtig akzeptiert, dann – egal ob man gewinnt oder verliert – ist man am Ende glücklich darüber.

Ihr seid jetzt schon ziemlich lange im Musik-Geschäft. Wie würde euer Leben wohl aussehen, wenn ihr keine Musiker geworden wärt?

James: Ich ging zur Kunstschule, um Grafikdesign zu studieren. Damit habe ich meinen Lebensunterhalt verdient, bevor ich das Gitarrenzeug Vollzeit durchgezogen habe. Also vermutlich würde ich so etwas machen. Aber mit einer großen Lücke im Herzen. Denn alles, was ich bisher in meinem Leben probiert habe, kam nie an das ran, was Rock’N’Roll für mich ist. Es ist einfach das Ding was ich über alles liebe. Ich würde zwar glücklich und froh sein, dass ich Kunst hauptberuflich ausüben könnte, aber es war einfach nicht alles.

Und was würdest du tun, Ruben?

Ruben: Tot, Knast oder Hausmeister.

James: Das ist mein Mann!

Ihr werdet euer Album auf CD und bei Streaming-Diensten veröffentlichen, aber auch auf Vinyl. Glaubt ihr, Vinyl kommt im Großen Stil zurück?

James: Ich glaube schon. Wir bringen das Album auch auf Kassette raus. Ich glaube, das Verlangen nach etwas Greifbarem lebt wieder auf. Man möchte etwas in der Hand halten. Das hat eine gewisse Romantik. Ich selbst erinnere mich noch daran, wie ich Alben geöffnet habe und am Papier gerochen habe und dann zum ersten Mal die Nadel auf die Platte gelegt habe. Und dann dieses leichte Knacken und Poppen bevor die Musik anfängt. Diese Medien haben einfach so etwas Menschliches und das verliert nie seine Eleganz.

Ihr scheint ziemlich schnell darin zu sein, neue Songs zu schreiben. Habt ihr schon Ideen, was als nächstes kommen soll? Ein neues Album oder ähnliches?

James: Ja, ich schreibe jeden Tag. Egal ob ich es dann behalte oder nicht. Also ja, es gibt einige Sachen mit denen ich mich herumtreibe. Wenn wir von der Tour zurück sind, gehen wir wieder ins Studio und nehmen unser zweites Mixtape auf. Im April werden wir dann ein Live-Album rausbringen. Wir haben in Los Angeles eine Show im Troubadour gespielt, die wir aufgenommen haben. Und dann werden wir, denke ich, nächsten Sommer vielleicht wieder eine neue Platte rausbringen. Wir sind echt rastlos, wenn wir schreiben. Selbst wenn wir nicht arbeiten wollen, müssen wir einfach weiter arbeiten. Wir wollen nicht, dass die Sachen versauern oder es anfängt, sich mühsam anzufühlen.

Glaubt ihr, dass es irgendwann dazu kommen kann, dass ihr euch sagt: “Ich bin zu alt für den Scheiß“? Zumindest bezogen auf die Art der Musik, die ihr macht?

James: Nun, es hat schon was Cooles, neue Sachen auszuprobieren. Zum Beispiel mal eine “Quiet Slang”-Platte – ganz akustisch mit Pianos und Cellos. Aber bei Beach Slang schaue ich nicht in Richtung Ende, wir sind gerade mittendrin! Und ich mache das jetzt lange genug und ich bin zu dämlich,das aufzugeben. Ich liebe es, auf der Bühne herum zu springen, zu schwitzen und diesen Energie-Schub zu erleben. Ich könnte mir nicht vorstellen, dass mich das, was wir machen, jemals langweilen könnte.

Ruben: Da bin ich ganz bei dir. Ich habe es nie verstanden, wenn Bands keine Lust mehr auf Touren haben. Vielleicht habe ich aber auch einfach Glück, dass es mit diesen Jungs so einfach ist. Aber ich könnte mir nicht vorstellen, jemals aufzuhören. Wenn ich irgendwann mal aufhöre, dann weil ich keine Wahl habe. Und selbst dann würde ich es immer noch probieren.

Das Interview führte Hanno Jenkel; Foto: Charlie Lowe


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