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Das Paradies – Goldene Zukunft

Rezensiert von am 11. September 2018

       

Das Paradies verspricht also eine goldene Zukunft. So zumindest heißt das Debütalbum von Multitalent Florian Sievers und seinem Soloprojekt Das Paradies. Auf “Goldene Zukunft” treffen melancholisch verträumte Texte auf eingängige Melodien. Voller Leichtigkeit singt der Wahl-Leipziger Sievers über Ambivalenz und Widersprüche.

Bekannt geworden ist Florian Sievers als ein Teil des Indie-Folk-Duos Talking To Turtles. Bei seinem Soloprojekt ist er für die Musik und Texte zuständig. Zur Seite standen ihm Produzent Simon Frontzek (u.a. Tomte, Kettcar, Mikroboy und Kilians), sowie die Schlagzeuger Rudi Maier und Max Schröder. Zusammen haben sie ein Album voller Dialektik geschaffen, das jedoch nie anstrengend wird.

Wie zurückhaltend und gleichzeitig positiv schlicht Musik sein kann, zeigt direkt “Ein großes Versprechen”. Der Song baut sich langsam auf, bis alle Instrumente einsetzen und repetitiv benutzt werden. Auf ähnliche Art funktionieren auch andere Songs auf dem Album (“Die Giraffe streckt sich”, “Du, die anderen und ich”). Sehr reduzierte Musik, die vor allem von den E-Gitarren Riffs lebt. So verhalten die Musik bei diesen Liedern ist, so deutlich zeigt sich an ihnen, wie stark und bedeutend die Texte auf “Goldene Zukunft” sind. Die Texte sind voll von bildkräftigen Zeilen, in denen Florian Sievers eindrucksvolle Metaphern kreiert: “Ich bin das Schlimmste, was euch passieren kann / ihr gebt mir so gern’ recht / […] ich bin das bunte Hologramm eines großen Versprechens / […] ich bin der Tunnel und das Licht / ich bin der Überfluss und ich bin der Verzicht.” In “Ein großes Versprechen” zeigen sich beide Seiten eines Versprechens, denn es gibt keine Garantie für die Einhaltung. Dabei regen die Texte stets zum Nachdenken an. Einmaliges Hören reicht häufig nicht, um alle Metaphern oder Ebenen der Texte zu verstehen. Wie zum Beispiel in “Du, die anderen und ich”: “Ein Ort von dem man sagt, dass dort gelebt wird / […] träumt, wie man sagt, dass geträumt wird / wir schlafen wann anders als heute ein / […] wenn du den gleichen Film nur oft genug schaust, kann es passieren / hab ich gehört, dass jede Szene zu deiner eigenen Erinnerung wird.”

Manchmal könnte man denken, dass die Musik nur ein netter Begleiter zu sein scheint. Dann kommen jedoch Songs wie “Goldene Zukunft” oder “Ein schönes Unentschieden”, bei denen eine Dynamik zu erkennen ist. Ein musikalischer Fluss der an mitreißenden Indie-Pop erinnert. Bei diesen Songs stehen Synthesizer und Schlagzeug schon mehr im Vordergrund, aber übernehmen nie die Überhand (so auch bei “Dürfen die das” oder “Hier bist du sicher”). Eingängige Pop-Songs, die nie langweilig werden. Hier wird textlich auch die Nähe zu Bands wie Die Höchste Eisenbahn oder Von Wegen Lisbeth offensichtlich: “Und dann mit Heiko Eintrittskarten kontrolliert / und mit Sarah so getan, als würden wir uns vermissen / es gab so viel, was zu tun war / ein bisschen mehr oder weniger wichtig sogar / fast egal, als es heute hieß, dass der Himmel und die Hölle / das beides heute früher schließt / […] ich musste Almut noch was fragen / sie ist gestern bei mir aufgetaucht / wahrscheinlich wollte sie nur sagen, dass die Welt nicht noch mehr Lieder mit zwanzig Namen braucht.” Dabei nimmt Sievers sich selbst nicht immer ganz ernst. Aber auch für sowas wie große Zweifel findet er ehrliche Worte “Wenn wir wollen, trauen wir dem Dürfen nicht / […] und wenn wir uns trauen, trauen wir dem Wollen nicht” (“Dürfen die das”) oder “du fühlst dich leicht und überflüssig / dein Lieblings-Aggregatzustand / […] du lachst du jammerst du jubelst / du suchst den Ort an dem du dich gut findest” (“Ein schönes Unentschieden”) und besingt Wahrheiten.

Neben den ruhigen Liedern und den gelungenen Indie-Songs gibt es quasi noch eine dritte Art von Songs. Diese arbeiten besonders stark mit Up-Beat-Strukturen und sind wesentlich elektronischer (“Discoscooter”, “Hinter deiner schönen Stirn” und “Das Universum weiß es auch nicht mehr”). Begeistern dabei weiterhin mit einer guten Mischung zwischen Musik und Text. Hier gilt es noch genauer auf beides zu achten.

Florian Sievers hat als Das Paradies mit “Goldene Zukunft” ein Album voller ehrlicher Worte erschaffen. Er steckt intelligente Dinge in Metaphern, die neu und unverbraucht klingen und von der Musik untermalt werden. Damit begeistert er nicht nur Fans des deutschsprachigen Indies, sondern zeigt zudem wie bezaubernd deutsche Musik heutzutage noch sein kann.


Label: Grönland Records
Veröffentlicht am: 11.09.2018
Interpret: Das Paradies
Name: Goldene Zukunft


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