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Interview mit Wedge

Geschrieben von am 27. Februar 2018

Dass sie klassischen Retro-Rock können, haben Wedge schon mit ihrer selbstbetitelten ersten Platte gezeigt. Am 09. Februar ist jetzt ihr Zweitwerk “Killing Tongue” bei Heavy Psych erschienen – und festigt diese Einschätzung nochmal. Wer diese Musik liebt, aber seine Pink Floyd, Led Zeppelin oder Jimi Hendrix Alben schon zig mal durchgehört hat, für den ist Wedge genau das Richtige. Wir haben mit dem Trio über ihr neues Album, ihr Bandkonzept und ihre Liebe zur Musik der 60er und 70er Jahre gesprochen.

Das Erste, was man auf eurer Webseite liest, ist der Satz “Wedge ist High Energy Fuzz’n’Roll”. Was genau ist denn “High Energy Fuzz’n’Roll”? Und sagt jetzt nicht “Wedge”!

Kyrik: Wedge! (alle lachen) Es ist Rock’n’Roll Musik, ziemlich beeinflusst von den Sechziger und Siebziger Jahren. Das Wort “Fuzz” bezeichnet ein Gitarren-Effekt-Pedal, was Verzerrung schafft. High Energy heißt einfach, dass wir Spaß an der Musik haben.

Spaß an der Musik haben ja viele Bands, was macht das bei euch genau aus?

Kyrik: Dass die Leute vor der Bühne auch Spaß haben! Es ist schwer zu beschreiben, ohne die Musik zu hören.

Holger: Zocken! Also das Spielen der Musik. Es macht Spaß, zu jammen, einfach auf der Bühne abzugehen oder Solis zu spielen. Und es ist sehr schweißtreibend. Ich spiele Schlagzeug, dementsprechend bin ich der, der am meisten schwitzt.

Kyrik: Das würde ich nicht unterschreiben!

Holger: (lacht) Das macht es aus, das macht uns am meisten Spaß.

Ihr beschreibt euren Sound als “archaisch” und sagt, ihr hättet euch nach dem ältesten Werkzeug der Menschheit, also einem Keil, benannt. Steinzeitmusik macht ihr aber natürlich trotzdem nicht. Wieso hängt dieses Konzept des Urzeitlichen für euch so eng mit eurer Musik zusammen?

Kyrik: Es ist einfach Rock’n’Roll. Man sollte schon so ein bisschen seinen Kopf abschalten. Dann macht es einfach mehr Spaß. Das Archaische ist einfach das Abgehen, Spaß haben, nicht zu viel Nachdenken dabei.

Holger: Also Steinzeit.

Warum zieht es euch genau in die Zeit der 60er und 70er Jahre?

Holger: Der Sound, die Mukke, die Bands. Auch was in der Zeit passiert ist, vor allem im Kontext der Rockmusik. Die wurde damals definiert.

Kyrik: Es war die interessanteste Periode für die Popmusik. In den Fünfzigern gab es noch die Rock’n’Roll Geschichten, in den Sechzigern wurde es interessanter. Das ganze Business war einfach neu. Die Leute, die das Musikgeschäft geleitet haben, haben zu den Bands gesagt: “Macht einfach”. Deswegen war die Musik so frei und experimentell. Mit der Zeit wurden die dann immer mehr in ein Korsett gezwängt. Heute hast du dann den ganzen Scheiß, der mit Musik überhaupt nichts mehr zu tun hat, sondern nur noch mit Industrie. Deswegen stehen wir auf die Musik. Weil sie damals noch frei war. Das hat ziemlich früh abgenommen. Mit dem Ende der Sechziger und Anfang der Siebziger ging es los. Da haben die ganzen Manager gepeilt, was Geld macht. Teilweise betrifft es da dieselben Bands, die vorher so frei waren. Wenn du Black Sabbath in den Achtzigern hörst, dann ist es schon was anderes!

Holger: Das hört man bei vielen Bands in den Achtzigern. Ein anderes Beispiel wäre Pink Floyd.

Kyrik, du warst vorher schon bei den Bands The Magnificent Brotherhood und Liquid Visions dabei. Wie unterscheiden die sich von Wedge?

Kyrik: Magnificent Brotherhood war noch tiefer in den Sechzigern verwurzelt als in den Siebzigern. Die Musik klang mehr nach Garage, mehr nach Beat. Liquid Visions war eher Space-Rock, mit mehr Effekten und mehr Delays. Das ging mehr in die Richtung Pink Floyd. Aber im Prinzip ist es für mich alles mehr oder weniger das Gleiche. Das ist das, was ich mag und was ich kann. Und das kommt dabei raus, wenn ich anfange zu spielen.

Wollt ihr auf der gleichen Schiene bleiben, oder hättet ihr auch mal Bock, etwas anderes zu machen?

Kyrik: Also das nächste Album wird auf jeden Fall Rap.

Holger: Jazz-Rap.

Kyrik: (lacht) Nee, natürlich bleiben wir bei der Sache. Wir können ja auch nix anderes!

Bei der Vermarktung nutzt ihr verständlicherweise moderne Mittel. Ihr habt eine Webseite, seid auf facebook und streamt eure Musik bei Spotify. Wie läuft das bei Aufnahmen? Setzt ihr auf analoges Equipment oder seid ihr da auch digital unterwegs?

Kyrik: So weit es geht analog.

Holger: So weit es geht. Aber man kommt nicht drumherum, auch digital zu arbeiten. Es ist Geschmackssache. Analog klingt wärmer, Digital klingt ein bisschen kalt. Für uns klingt analog einfach schöner und angenehmer.

Rein visuell gesehen hat Wedge einen sehr klaren 60er Jahre Stil. Könnte man behaupten, dass euch diese Ästhetik ähnlich wichtig ist, wie die Musik selbst?

Kyrik: Ja. Ich kümmere mich ums Grafische und ich kann es nicht trennen. Ich finde das Cover muss die Musik transportieren. Es würde keinen Sinn ergeben, etwas sehr Modernes zu machen. Wenn du in einen Plattenladen gehst, siehst du erstmal das Cover. Und das muss dir sagen, was da drauf ist.

Als ich das Cover gesehen habe, dachte ich direkt an Jimi Hendrix Experience. 

Kyrik: (lacht) Ja, da hastes.

Mal ganz weg vom Sound. Ist euch der Text genauso wichtig, oder dient der eher als Melodieträger?

Kyrik: Ich würde sagen, er dient als Melodieträger. Ich schreibe die Texte, aber Ich bin kein Poet und Englisch ist auch nicht meine Muttersprache. Etwas textlich anspruchsvolles zu schaffen ist mir auch nicht so wichtig.

Wie läuft das Songwriting bei euch ab? Kann man sich da eher eine Jam-Session mäßige, organische Gruppendynamik vorstellen, oder gibt es da eine klare Rollenverteilung?

Kyrik: Also ich schreibe die meisten Songs, aber natürlich entstehen die beim Zusammenspiel im Übungsraum. Da wird dann dran gebastelt und geschraubt.

Sagen wir, ihr werdet mit einer Zeitmaschine in die 60er Jahre geschickt – welches Album muss dabei sein? Der Haken: Es muss in den letzten 30 Jahren erschienen sein.

Holger: Ich würde das erste Wolfmother Album mitnehmen. Das war so das erste Album, was mich in den letzten Jahren wirklich geflasht hat. Ich habe das ein halbes Jahr lang durchgehört.

Kyrik: Bei mir wird es schwer, weil ich wirklich…

Holger: …keine Bands kenne!

Kyrik (lacht) Weil ich tatsächlich meistens alte Bands höre. Ah, ich weiß! Das neue Bigfoot Album. Das ist eine israelische Band, mit der wir momentan unterwegs sind. Wolfmother finde ich auch cool. Es gibt bestimmt tausende Alben, die mir einfallen, sobald ich hier aus der Tür wieder raus bin.

David: Wieviel Zeit hab ich? (alle lachen)

Lass dir ruhig Zeit.

David: Ein Album fällt mir nicht ein, aber ich denke da an den Keyboarder Cory Henry. Der berührt mich mit seiner Musik.

Holger: Wo denn?

David: Das ist privat. (alle lachen) Wenn einen was berührt, dann im Herzen oder im Kopf. Ok, es gibt da noch die Leber…

Ok, ihr seid also mit der Zeitmaschine in die Sechziger gereist. Welche Band müsstet ihr euch jetzt auf jeden Fall live angucken?

Holger: Spirit!

Kyrik: Es ist so schwer, sich auf eine Band zu reduzieren! Grand Funk Railroad würde ich mir super gerne angucken. Das wäre bestimmt ne gute Party.

Ich dachte jetzt, du sagst direkt Jimi Hendrix!

Kyrik: Natürlich! Ich wollte jetzt etwas weniger offensichtliches sagen. (lacht) Aber Hendrix ist meiner Meinung nach bis heute unerreicht.

Das Interview führte Lennart Knebel; Foto: Maria Puentes Campos


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