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Interview mit Twoonacouch

Geschrieben von am 3. Dezember 2017

Nach unter anderem A River Crossing und Cold Reading macht aus Luzern nun eine weitere Band auf sich aufmerksam, die sich den vielen Facetten des Emo und Alternative widmet: Twoonacouch. Fröhlich-leichte Musik, die besonders Fans von Tiny Moving Parts und Moose Blood entzücken sollte, und Texte, bei denen es sich lohnt, auch mal genauer hinzuhören. Im Interview sprechen sie über unabsichtliche Kontraste, die gesunde Unzufriedenheit mit sich selber und ihr kommendes Debütalbum „And I Left”.

Zum Kennenlernen: Was hat euch zu der Musik gebracht, die ihr jetzt macht?

Lars: Bei mir war es die Musik, die ich schon vor zehn Jahren gehört habe – Blink-182, Green Day, Sum 41 – und eigentlich wollte ich auch immer so eine Band selber haben, Punk und Rock. Dann habe ich Lauro und Nicolas kennengelernt. Lauro wollte eher in die Emo-Richtung gehen; Turnover, Major League, die ich gar nicht kannte. Durch ihn bin ich in dieses Genre reingekommen.

Nicolas: Mich hat auch Lauro ins Boot geholt. Ich hatte mich nie mit dieser Musik auseinandergesetzt, aber ich war mit ihm in einer Klasse als sich seine alte Band aufgelöst hat. Er hat mich dann gefragt, ob ich nicht Lust auf was Neues hätte und als ich Ja gesagt habe, hat er mir seine ganze Playlist gezeigt, die ich direkt geil fand (lacht). Basement, Amercian Football, Pianos Become The Teeth, Tiny Moving Parts.

Lauro: Bei mir kam alles durch Arthur von Cold Reading, mit dem ich früher in einer Band gespielt habe. Er hat mir viele Bands gezeigt, durch die ich dann auf den Geschmack gekommen bin.

Könnt ihr euch noch an das erste Album erinnern, das ihr euch jemals selber gekauft habt?

Lars: Judas Priest – „Breaking The Law”, da war ich acht Jahre alt. Aber in diesem Genre-Bereich war das, glaube ich, die Split-EP von den Deadnotes und Casually Dressed.

Nicolas: Mein erstes Album war von Tiny Moving Parts. Ich habe mir lange nichts gekauft, weil ich keinen Plattenspieler hatte und CDs nicht wollte. Dann waren wir auf dem Konzert und ich hatte endlich den Plattenspieler und da habe ich mir gedacht „wieso nicht?” (lacht).

Lauro: Bei mir war es irgendein Album von Bryan Adams, aber ich kann mich nicht mehr daran erinnern welches genau.

Was war denn euer erstes Konzert?

Lars: Das erste Punk-Konzert war von den Dropkick Murphys, generell das erste war DJ Bobo (lacht).

Nicolas: Ich glaube, bei mir war es auch DJ Bobo. Er ist Schweizer, jeder kennt ihn und es macht Spaß (lacht).

Lauro: Bei mir war es Gotthard, eine Schweizer Rock-Band.

Anfang des Jahres habt ihr euch von Seasons zu twoonacouch umbenannt – warum genau?

Lauro: Es gab schon eine Band, die „Seasons” hieß und auch viel größer war als wir. Und so zufrieden waren wir mit dem Namen ohnehin nicht. Wir haben uns dann überlegt, dass wir ihn noch ändern möchten, bevor wir ein Album herausbringen.

Hat sich dadurch auch eure Musik verändert?

Lars: Die Songs sind immer noch die, die wir schon immer gespielt haben.

Nicolas: Den Namen haben wir geändert, während wir die Lieder aufgenommen haben. Das hatte nichts mit der Musik zu tun – überhaupt nicht!

Wie lange habt ihr an den Songs gearbeitet, die ihr jetzt aufgenommen habt? An dem Album „And I Left”?

Lars: Seitdem wir zusammen Musik machen, haben wir Songs geschrieben und gespielt. Vor einem Jahr haben wir gesagt, wir wollen mit den Songs, die wir haben, ein Album aufnehmen. Eine Phase, in der wir neue Songs geschrieben oder uns neue Konzepte ausgedacht haben, gab es aber nie. Lauro hat viel von der Musik geschrieben, ich habe versucht, die Texte dazu zu schreiben und dann haben wir das zusammengefügt. Manche Texte hat auch Lauro geschrieben, aber eine Songwriting-Phase wie sie andere Bands hatten, gab es bei uns nicht.
Gibt es trotzdem ein größeres Oberthema?

Lars: Ich glaube, in jedem Song geht es ein bisschen darum, sich zu finden. Wenn man als junger Erwachsener langsam merkt, worum es im Leben geht. Ein richtiges Konzept haben wir nicht, aber es geht um Liebe, es geht um Alkohol, es geht um Sachen, die einen selber beschäftigen.

Nicolas: Textlich sind wir wahrscheinlich immer ein bisschen in dieselbe Richtung gegangen, obwohl wir nie gesagt haben, dass wir das so machen wollen. Es ist einfach so passiert. Wenn man Lieder schreibt, um sie live zu spielen, müssen sie auch zumindest ein bisschen gleich sein – man kann ja nicht neun komplett verschiedene Stücke auf der Bühne aufführen.

Lars: Ich würde schon sagen, dass auch deswegen alle Lieder ein bisschen in dieselbe Richtung gehen. Im Gegensatz zu beispielsweise einer Glam-Metal-Band, die einfach nur unsinnig ist, besteht bei uns gerade textlich ein Zusammenhang. Wir haben nicht nur Songs geschrieben, damit wir welche haben, sondern uns Gedanken gemacht. Auch musikalisch haben wir uns auch genau überlegt, was wir machen wollen.

Sprecht ihr über die Texte, wenn ihr sie geschrieben habt? Dass ihr auch wirklich alle damit etwas anfangen könnt?

Lars: Nee (lacht). Meistens ist der Song geschrieben, dann kommen die Texte dazu und dann wird geprobt. Darüber gesprochen wird eigentlich nicht, aber manchmal ändern wir etwas ab. Einen richtigen Ablauf beim Songwriting hatten wir aber nie. Das einzige, über das wir uns vorher Gedanken machen ist, worum und in welche Richtung es gehen soll – ob es etwas Fröhliches oder etwas Melancholisches werden soll.

Warum habt ihr euch für „But Now” als erste Single entschieden?

Lars: Der Song wird auch der erste Song vom Album sein – ein kleines Intro. Ich glaube, der Song macht einfach Lust auf mehr. Er ist nicht wirklich lang und hat nicht viel Inhalt. Am Anfang ist es nur Gitarre und Gesang, plötzlich kommen noch Bass und Schlagzeug dazu.

Nicolas: Die Drums sind eigentlich nie richtig da, nur zum Schluss ein bisschen. Der Schluss, wo es lauter wird, ist wie ein Höhepunkt und dann ist der Song vorbei. Man erwartet mehr, man will mehr, aber das Lied ist fertig. Es ist wie ein Cliffhanger in einer Serie. Vielleicht wollten wir damit die Neugier der Hörer herauskitzeln (lacht).

Ich darf „Bad Stories” Premiere feiern lassen – worum geht es in dem Song?

Lars: Es geht um Alkohol. Man hat Probleme, geht am Freitagabend irgendwo hin, trinkt da und versucht, seine Probleme zu unterdrücken – das funktioniert aber nicht. Früher oder später kommt man wieder zurück in die reale Welt und bemerkt, dass man sich einfach nur besoffen und Scheiße gebaut hat. Es geht darum, dass man sich betrinkt und denkt, man könnte für ein paar Stunden seine Taten und Probleme vergessen.

War es Absicht, dass es zu diesem doch ernsten Thema eine so wunderschöne, fröhliche Musik gibt?

Nicolas: Eine große Absicht war nicht dahinter. Normalerweise entstehen die Texte immer erst nach der Musik. Falls es absichtlich passiert ist, dann unterbewusst. Wir haben Musik und Text nicht aufeinander abgestimmt, aber gemerkt, dass die Musik, dafür, dass der Text überhaupt nicht positiv ist, sehr fröhlich klingt – genau das finden wir aber sehr gelungen! Es ist ein Kontrast.

Fühlt es sich für euch manchmal komisch an, so persönliche und emotionale Texte wildfremden Menschen vorzuspielen? Oder vielleicht noch schlimmer: Sie Freunden vorzusingen?

Lars: Ich singe nie ohne Band. Ich stütze mich auf die Musik, die ich um mich habe – ohne Musik zu singen, geht einfach nicht.

Nicolas: Ich glaube auch, dass man die Texte live erst versteht, wenn man sie auch schon kennt. Ich kann nicht für Lars sprechen, aber ich denke, das spielt auch eine Rolle.

Lars: Manchmal heißt es, ich solle doch mal was singen, weil ich in einer Band spiele. Aber es kam noch nie die Frage auf, warum ich etwas so geschrieben habe, wie ich es geschrieben habe. Es hat sich noch nie jemand Gedanken darüber gemacht, was unsere Texte aussagen. Vielleicht kommt das noch, jetzt, wo wir die Lyrics auch veröffentlicht haben.

Ich rede ungern über Einflüsse, würde euch auf eure aber trotzdem gerne ansprechen. Über Tiny Moving Parts muss man bei euch wohl kaum groß diskutieren, aber was ist sonst noch dabei?

Lars: Moose Blood auf jeden Fall. Die haben wir alle viel gehört und sie haben uns nicht nur musikalisch sehr beeinflusst, sondern auch vom Stil an sich. Wir haben aber nie gesagt, wir wollten einen Song schreiben, der genauso klingt wie eine Band, die wir kennen. Wir haben einfach gespielt – und das so, wie wir wollten. Im Unterbewussten haben wir uns schon beeinflussen lassen, aber es ist unser Sound. Wir haben immer nur gespielt und gespielt und dann hat sich das entwickelt. Am Anfang haben wir uns aber schon überlegt, in welche Richtung wir gehen wollen.

Nicolas: Unsere Lieder klangen am Anfang aber auch anders als die jetzt. Die waren mehr in Richtung Punk, härter und weniger melodiös. Es war wie das Ausprobieren, was wir überhaupt machen können. Es war nie so, dass wir Bands hörten und bewussten Einfluss von diesen hatten. Durch die Dreierkonstellation, die wir sind, bringt jeder etwas mit rein, das addiert das ergibt, was wir jetzt sind.

Lauro: Die Nähe zu Tiny Moving Parts war mir auch nie bewusst.

Das klingt etwas gemein, aber wie kann man das denn nicht bemerken? Bei euch gibt es doch dieselbe Großartigkeit in der Gitarre, die auch Tiny Moving Parts ausmacht.

Nicolas: Man kann es aber auch so sehen, dass wir genauso klingen würden, selbst wenn es Tiny Moving Parts nie gegeben hätte. Vielleicht würden wir dann ja genau dieselbe Musik machen.

Lauro: In der Zeit, wo ich die Songs geschrieben habe, habe ich diese Bands auch gar nicht gehört, sondern immer nur andere Sachen. Ich dachte, es wäre cool, in diese Richtung zu gehen und ich kam auch immer wieder dahin zurück, weil ich einfach so spiele. Das macht mir am meisten Spaß. Es kann gut sein, dass wir von Tiny Moving Parts oder Into It. Over It. beeinflusst wurden, aber das war nie das Ziel.

Ich habe gehört, dass ihr mit den Vocal-Aufnahmen nicht ganz zufrieden seid. Woran liegt das?

Lars: Das Endprodukt ist einfach nicht das, was wir wollten. Wir haben im Studio „Studio vom Dach” aufgenommen und ich glaube, Timo Keller hat nicht so viel Kontakt mit diesem Musikgenre. Er macht keine Musik, die ein bisschen dreckig, emo und punkig ist, sondern klaren Indie-Pop – also etwas ganz Anderes. Es kann sein, dass er nicht den Punkt getroffen hat, den wir gerne hätten. Es ist aber auch unser erstes Album; wir wussten nicht, wie wir uns vorbereiten müssen und was alles dazugehört. Jetzt wissen wir das alles und auch, wo wir beim nächsten Mal hingehen sollten. Es ist nicht schlecht, aber dieses eine Gefühl fehlt noch.

Lauro: Ich glaube, das ist diese gesunde Unzufriedenheit mit dem Album, die die meisten empfinden. Es gibt immer Verbesserungspotenzial – vor allem, wenn man es selber aufnimmt. Aber dafür, dass es unser erstes Album ist, sind wir eigentlich schon zufrieden.

Nicolas: Irgendwann muss man auch einfach sagen, dass es fertig ist und nichts mehr geändert wird. Als wir die Aufnahmen gemacht haben, haben wir uns ganz oft auf kleine Stellen konzentriert und versucht, Sachen zu ändern. Aber irgendwann muss man einfach sagen, es ist gut, wie es ist – sonst kommt man nie raus. Es gibt immer den Gedanken, man hätte es anders oder besser machen können, obwohl es eigentlich schon gut ist. Und irgendwann kommt man an den Punkt, wo man genau das auch einfach sagen muss. Eine gewisse Unzufriedenheit oder vielleicht auch schon Misstrauen ist aber trotzdem da. Man weiß nicht, wie es ankommt.

Lars: Ich höre mich auch selber nicht gerne singen, ich mag das überhaupt nicht. Genau wie es Schauspieler gibt, die sich nicht gerne schauspielern sehen. Vielleicht habe ich deswegen auch eine ganz andere Meinung dazu und reagiere anders.

Wie ist die Lage in der Schweiz für eine junge Band, die jetzt ihr Debütalbum veröffentlicht? Werdet ihr gut angenommen?

Nicolas: Bei uns war es recht cool, aber wir haben auch Arthur von Cold Reading dabei, der uns sehr unterstützt hat und auch noch weiterhin unterstützen wird. Bisher haben wir gutes Feedback bekommen und die Klicks bei Youtube sind auch gut. Ich glaube, wenn man es gut macht, kommt man in der Schweiz auch ein bisschen rum. Wenn man Unterstützung sucht und danach fragt, dann bekommt man sie – auch in Luzern selber, wenn man hier als Band neu startet. Es gibt viele Proberaumöglichkeiten

In eurem Pressetext steht, ihr würdet versuchen, euch gegen die Bilderbuch-Gesellschaft von Luzern zu wenden. Ich persönlich war noch nie in eurer Stadt – wie kann ich mir das vorstellen?

Lars: Ich glaube, es geht eher um die Schweiz an sich.

Nicolas: Gegen das Konservativ-Katholische.

Lauro: Die Musik ist für uns ein Fluchtort. Wir wenden uns nicht gegen etwas, sondern drücken unsere Utopie musikalisch aus.

Gibt es einen Song oder ein Album, das ihr gerne selber geschrieben hättet?

Nicolas: Ich glaube, ich kann mir nicht wünschen, einen Song geschrieben zu haben, der von einem anderen geschrieben wurde, weil ich ihn vielleicht ein bisschen anders geschrieben hätte. Wenn ich Musik höre, habe ich noch nie gedacht, dass es geil wäre, wenn ich den geschrieben hätte, sondern freue mich eher darüber, dass die Band einen guten Song geschrieben hat.

Lars: Als ich früher viel Green Day gehört habe, gab es eine Phase, in der ich mir vorgestellt habe, ich hätte auch so eine Band, würde die ganze Zeit auf Tour sein und Konzerte spielen. Ich glaube, so ein Album wie „Dookie” hätte ich schon gerne geschrieben – damals wie heute. Etwas, das es noch nicht gab und alles definierte, was danach kam.

Stellt euch mal vor, ihr verlauft euch später auf dem Weg nach Hause ganz böse und landet auf einer einsamen Insel. Welches Album müsste dann bei euch sein?

Lars: Es ist jetzt kein Album an sich, sondern eine Best Of-Sammlung von Queen. Die Band deckt so viele Genre ab und ist einfach cool.

Nicolas: Ich glaube, es wäre tatsächlich schön, das eigene Album mitzunehmen, weil damit so viele Erinnerungen verbunden sind. Aber hat man auf einer einsamen Insel überhaupt Zeit, ein Album zu hören (lacht)?

Das Interview führte Leonie Wiethaupt; Foto: Elio Meier


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