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INTERVIEW MIT FEINE SAHNE FISCHFILET

Geschrieben von am 6. März 2018

Feine Sahne Fischfilet ist mit einem Rock am Ring Auftritt, einer ausverkauften Tour und Platz drei in den Albumcharts endgültig der Durchbruch gelungen. Die Ska-Punkband aus Mecklenburg- Vorpommern ist längst nicht mehr ein Geheimtipp und zieht immer größere Menschenmengen in ihren Bann. Auffällig wurde sie unter anderem durch ihre politischen Aktionen und kleineren Konzerte gegen Rechts. Nun sind sie mit ihrem neuen Album „Sturm & Dreck“ auf Tour. Wir haben uns Ihrem Konzert in Osnabrück mit Trompeter Max Bobzin getroffen, um über die Tour, das neue Album, Politik, die Zukunft und Alkoholvorlieben zu quatschen.

Moin Max. Wie läuft die Tour bis jetzt?

Erstmal Moin Moin, von meiner Seite. Ja, ich kann nach den ersten zwei Wochenenden schon ein kleines Fazit ziehen. Wir sind soweit komplett begeistert, quasi vom Hocker gerissen. Wir spielen riesen Shows – unsere bisher größten Shows – das war für uns ein riesen Schritt nach vorne, dass wir mittlerweile in so großen Hallen unterwegs sind. Hamburg und Leipzig waren geniale Tourauftakte, da ging es schon richtig ab. Jetzt ist das dritte Wochenende.

Und wie war das Feedback bisher? Auch zur neuen Platte „Sturm und Dreck“?

Wir haben ehrlich gesagt nicht damit gerechnet, dass das so krass durch die Decke geht mit Chartplatzierung und allem drum herum. Guckt man ja doch immer mal ein bisschen drauf, ist ja auch eine Art von Bestätigung, dass man auch den kommerziellen Erfolg ein bisschen hat. Aber in erster Linie ist es wichtig, dass den Leuten das Album gefällt und die Mukke geil ist und bei den Leuten ankommt. Jetzt nach zwei Monaten können wir schon das Fazit ziehen, dass die Leute es feiern – und das ist das Wichtigste.

Ist das Tourleben denn anstrengend für Euch? Seid ihr bei jeder Show am Limit wie es Euer Song „Alles auf Rausch“ vermuten lässt?

(lacht) Ja klar, wir geben immer Vollgas, wir haben immer Bock auf Party. Wir müssen uns zusammenreißen uns nicht schon vorm Auftritt ordentlich einen anzusaufen und umso gelöster ist dann natürlich die Stimmung danach. Deswegen brauchen wir auch unsere zwei Tage die Woche Pause um uns zu generieren.

Wo verbringt Ihr die freien Tage während der Tour?

An den freien Tagen fahren alle nach Hause. Ein bisschen Bettruhe und Zeit und Abstand voneinander ist auch nicht verkehrt, damit man sich wieder leiden kann und keinen Lagerkoller kriegt. Das klappt bei unser mittlerweile ganz gut, alle kommen frisch und regeneriert wieder zurück und können dann wieder in die Vollen gehen.

Wenn ihr außerhalb von Zuhause seid, gibt es da auch ein paar schöne Ecken für Euch? Seht ihr viel während der Tour?

Sowohl als auch. Man sieht schon viel, aber durch den komplett verdunkelten Bus und dadurch, dass wir nachts fahren kriegen wir von den ganzen Fahrten schon mal nichts mit. Du wachst morgens auf, gehst in irgendne komische Halle, siehst vielleicht noch ein bisschen Acker drum herum. Wenn man sich nicht wirklich vornimmt Sightseeing zu machen dann sieht man eigentlich nichts anderes außer Bus und Halle. Ich kann schon verstehen wenn einige große Künstler Städte verwechseln wenn sie durch ganz Europa touren.

Ihr hattet ja jetzt schon ein paar gemeinsame Auftritte zusammen mit Campino von den Toten Hosen und Marteria. Zum Beispiel das Konzert gegen Rechts in Anklam oder bei Rock am Ring. Wie ist da eigentlich der Kontakt gekommen?

 Der erste Kontakt kam tatsächlich über Marteria, der uns in Rostock nahe steht. Monchi hat ihn angehauen und gefragt ob er für einen Gig zu haben wäre. Marteria war zu der Zeit mit Campino auf Rügen am Texten, die machen ja ganz viel zusammen. Und dann hat Marteria Campino im Schlepptau gehabt und mit vorbei gebracht. Die Hosen hatten auch schon ein zwei Mal von uns gehört, fanden uns irgendwie sympathisch und haben uns dann ja auch im September mit auf Tour genommen. Da ist dann auch ein Verhältnis entstanden und jetzt sind wir unter ähnlichen Dächern, haben alle das gleiche Management. Und das ist super, die sind mega entspannte Leute, sind mega großherzig, haben keinen Bock auf Isolation. Da siehst du die Backstage Türen nicht zu bei den riesen Hallen. Die sagen die haben genug Ruhe. Auf Tour wollen die mit Menschen in Kontakt kommen und das hat man in der Größe eigentlich sonst nicht. Das ist schon was sehr sehr besonderes. Ich finde das schon sehr cool und wüsste nicht wie man anders von den Hosen reden sollte als im Superlativ. Das macht schon echt Spaß mit denen.

Marteria hat ja bei eurem Rock am Ring Auftritt eine Strophe beigesteuert. Außerdem gibt es bei eurem Song „Wut“ ja einen Rap Part von Waving the Guns. Das klingt richtig gut. Könntet ihr euch vorstellen noch mehr Rap-Crossovers in eure Songs einzubauen?

Ich persönlich bin nicht so ein Fan von solchen Crossover Sachen. Das funktioniert einfach nur verdammt selten richtig gut. Rage Against the Machine ist eine von den wenigen Bands bei denen das aufgeht und wirklich cool klingt. Wir haben es einfach mal ausprobiert, weil wir Bock drauf hatten und ich muss Dir Recht geben das klingt richtig gut. Grade mit Waving the Guns. Aber das bleibt auch dabei wir haben jetzt nicht Bock das bei jedem Album zumachen und auf den Hip-Hop Train mit aufzuspringen. Das war mal ein nettes Ding auch mit Marteria in Anklam und bei Rock am Ring aber das muss auch spontan und über die Sympathien kommen. Tatsächlich hatten wir auf der Fusion auch schon mal einen spontanen Rap Part.

Apropos Fusion. Seid Ihr dieses Jahr am Start?

Nein. Wir spielen Kosmonaut und Gampel oder so zu der Zeit. Wenn überhaupt kommen wir nur selber zum Feiern zur Fusion, sonst sind wir auf Tour.

Bei den ganzen Auftritten, dem größeren Erfolg und der größeren Hörerschaft, gibt es da Momente wo das was mit euch macht ?

Gefühlt ist das erst mal nichts Neues. Bis jetzt hatten wir bei jedem Album Leute die gesagt haben, „oh wie geht ihr mit der größeren Reichweite um, oh wird der Druck nicht größer“. Wir haben bis jetzt bei jedem Album eine Schippe drauf gepackt und sind den Erwartungen komplett gerecht geworden. Was unsere Reichweite angeht, bin ich an einem Punkt angelangt, an dem ich das nicht mehr richtig einschätzen kann. Man merkt, man findet in diversen Medien statt und steht in irgendwelchen Saturn und Media Märkten. Aber bei mir hörts dann am Horizont auch irgendwann auf. Bin ich einfach mit überfordert tatsächlich. Einfach drauf scheißen – Mukke machen. Das machen worauf man Bock hat und dann wird das auch. Ich zieh mir den Schuh nicht so richtig an, irgendwem gerecht werden zu müssen und das und das und das zu machen. Wir sind ziemlich gut damit gefahren, indem wir zwischen den Festivals genau das gemacht haben worauf wir Bock hatten. Dadurch ist die Platte auch aus einer Momentaufnahme entstanden und wurde nicht zerredet oder zerdacht. Das Album war eine Bauchentscheidung und wenn wir uns das beibehalten, fahren wir eigentlich ganz gut.

Hast du denn irgendwelche Zukunftsprognosen für Feine Sahne Fischfilet?

Ich weiß nicht was in fünf bis zehn Jahren sein wird. Vielleicht ist es bald vorbei, vielleicht geht es noch ein paar Jahre. Solange das so ist nehmen wir alles mit.

Wenn man euer neustes Album hört, könnte man den Eindruck haben, dass ihr eure Worte  bedachter wählt. Wollt ihr nicht mehr so stark anecken wie früher oder seid ihr softer geworden?

Das ist überhaupt nicht Vater des Gedankens. Ich steh’ auch total auf plakative Äußerungen, die kann man sich auch mal anhören. Aber die sind irgendwann dann auch total abgedroschen. Auf der Demo XY hört man dieselben Gesänge und das ist auch cool, da gehören sie auch hin, aber ich muss sagen, von Musik erhoffe ich mir manchmal ein bisschen mehr. Und ich denke auch, wenn wir wieder „Niemand muss Bulle sein“ auf dem neuen Album gehabt hätten wären die Leute auch nicht mehr so geflashed, weil es halt nicht das erste mal ist. Deshalb sind wir an den Punkt gekommen, dass wir sagen, dass wir Persönliches mit Politischem verbinden und eigene Geschichten mehr oder weniger erzählen und, dass da das Politische natürlich mitschwingt. Zum Beispiel in dem Lied was Monchi über Suruc geschrieben hat, wo er wirklich da war und Zeuge war als ein Selbstmordattentat passiert ist. Und das ist dann unser Umgang damit. Ich würde also nicht sagen, dass es softer geworden ist sondern, dass man sich nicht immer so plakativ ausdrücken möchte tatsächlich. Wir wollen auf jeden Fall nicht noch mehr Leute erreichen dadurch oder in die Mitte der Gesellschaft gelangen. Das ist mir tatsächlich egal.

Wie entstehen denn eure Texte? Findet man da schnell einen Konsens zu secht ?

Also in der Regel texten Monchi und Christoph, die haben den Löwenanteil was das angeht. Es ist so dass die den Text vorstellen, manchmal schrauben wir noch etwas dran und alle geben ihren Senf dazu. Manchmal wird er so wie er ist genommen. Da haben wir kein Schema F. Manchmal ist die Musik als erstes fertig, manchmal ist es der Text.

Werdet ihr weiterhin politisch aktiv sein, wie zum Beispiel Monchi in Suruc?

Das Suruc Ding stand ja mit Monchi in Verbindung. Er hat da Hilfsgüter runtergebracht mit der „MV für Kobane“ Kampagne und die haben da ein mobiles Krankenhaus und Hilfsgüter runtergebracht. Deshalb kam da die Connection. Anlassbezogen sind wir natürlich politisch aktiv. 2016 haben wir  unsere „Noch nicht komplett im Arsch“ Kampagne gemacht. Das war aber auch zu den Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern. Das muss man anlassbezogen gucken, was kommt und wo wir Raum und Zeit haben um uns einzubringen. Zwischen Backstageraum und Bühne ist auch oft nicht die Zeit dafür. Aber klar, wir sind politisch aktiv.

Was würdest Du zu politikverdrossenen Menschen sagen, die keinen Bock haben wie ihr auf die Strasse zugehen und wirklich aktiv zu werden?

Ich kann schon verstehen, dass viele Leute manchmal kein Bock haben auf die Straße zu gehen. Ich glaube aber auch, dass es noch tausend andere Fälle gibt, in den man sich einbringen kann und sich für ein besseres Leben einsetzen kann. Sei es im Juristen Job oder sei es in der Klinik. Das ist gar nicht unbedingt an politische Aktionen gebunden, sondern dass man im Alltag viele Leute ermutigen sollte dem Rechtsruck Einhalt zu gebieten und nicht die Klappe zu halten, wenn auf Arbeit der Chef gegen „Neger“, in Anführungszeichen, hetzt, sondern dass man da seinen Mund aufmachten sollte. Dazu wollen wir die Leute ermutigen. Es müssen nicht alle dies oder jenes machen sondern unterschiedlichste Leute sollten nach ihrer eigenen Fasson einbringen, mit den Mitteln und Wegen die Ihnen zur Verfügung stehen.

Würdet ihr denn Leute ermutigen sich mit rechten Leuten an einen Tisch zu setzen und zu diskutieren? Oder ist da für euch die Hoffnung verloren?

Das kommt ganz drauf an. Mit einem eingefleischtem NPDler musst du dich nicht an einen Tisch setzen, da wird argumentativ nicht so viel bei rumkommen. Aber grade in der Familie, grade im erweiterten Freundeskreis, im Fußballverein, im Studium da ist es total wichtig mit den Leuten zu interagieren und sie zu Rede zu stellen. Manchmal wissen sie ja gar nicht wie rechts oder rassistisch alles ist was sie von sich geben. Und da finde ich es schon sehr sehr wichtig den Mund aufzumachen. Man muss immer gut gucken, es gibt da nicht die eine Lösung.

Ihr seid ja sehr heimatverbunden und das macht sich auch auf dem Album bemerkbar mit Songs wie „Wo niemals Ebbe ist“. Ist das eine Parallele, die ihr mit eher rechtsorientierten Menschen habt?

Ich finde auch, dass der Begriff „Heimat“ negativ besetzt ist bzw. eher von rechts, deshalb kommen wir in der Regel ohne diesen Begriff aus. Auf dem Album fällt nicht einmal der Begriff „Heimat“. Es kommt darauf an was man mit dem Begriff verknüpft. Wir sind alle in MV aufgewachsen in Dörfern, wo es klar ist, dass nach dem Abitur alle Leute weggehen. In der Regel ist es ein Wunder wenn eine Person noch eine Ausbildung dort macht. Da kriegt man schon mit, dass die Regionen leergezogen werden und immer weniger kulturelles Angebot stattfindet und gelinde gesagt alles ein bisschen den Bach runtergeht, während die Großstädte immer größer werden. Die ländlichen Gebiete sind von der Politik und Kultur mittlerweile verlassen. Und da hat man schon den Eindruck „Oh Gott was soll daraus werden, ich bin hier groß geworden, das kann irgendwie nicht alles sein, dass man die Landstriche sich selbst überlässt“. Und daher kommt die Motivation, dass man sagt „Hey hier ist auch nicht alles scheiße. Es sollten nicht alle Leute weggehen.“

Bleibt also für immer in MV oder zieht es euch auch z.B. nach Berlin?

Teils teils. Die Hälfte wohnt noch in MV die andere ist weggezogen. Ich wohne in Berlin. Wir sind da nicht eins. Es gibt nicht die eine Bandmeinung, jeder hat eine Handhabe damit. Na klar, die Ostsee finden alle geil, auf die können sich alle einigen, das ist eins der schönsten Gewässer die es auf der Welt gibt und n bisschen rumgekommen ist man doch schon mittlerweile. Da entsteht auch gerne mal ein Song wie „Wo niemals Ebbe ist“. Da sind wir schon alle sehr sehr gern.

Zum Abschluss noch ein paar persönliche Fragen. Was sind Deine/Eure musikalischen Einflüsse? Bzw. hört ihr überhaupt andere Musik?

Auch da ist es sehr unterschiedlich innerhalb der Band. Da hat jeder andere Einflüsse, aber man kann sich auf viele Sachen einigen. Ich hab als Heranwachsender viel Ärzte und Toten Hosen gehört. Ich weiß, dass das bei Monchi und Kai auch so war. Olaf ist mehr aus der American Punk Ecke, sag ich mal ganz vorsichtig. Ich hör aber auch Hip-Hop viel und feier das grade irgendwie ab. Hier und da auch mal einen Trap Song. Aber niemand ist auf ein Genre verkopft, wir gucken eher ob die Mukke geil ist und ob die Leute die dahinter stehen geil sind. Ich weiß von Monchi dass er Udo Lindenberg hört. Das ist jetzt auch überhaupt nicht mein Fall aber soweit gehen die Geschmäcker da auseinander.

Wenn du sagst, dass du auch mal Rap oder Trap hörst, kennst du dich in der deutschen Szene da etwas aus. Leute wie Rin zum Beispiel?

Das sagt mir tatsächlich überhaupt nichts, aber ein bisschen versuche ich da auch up to date zu bleiben. Vor ein, zwei Jahren hab ich viel Deutschrap gehört aber das ist jetzt auch schon wieder etwas im abflauen. Ich bin da mehr so ein Hypeschwein. Grade bin ich total auf Millie Dance & Pöbel MC, die feier ich grade richtig hart. Das finde ich echt cool was die machen. Und was so den weiteren Tellerrand angeht finde ich Run the Jewels richtig geil. Ansonsten muss der Song gut sein, dann funktioniert das für mich.

Was trinkt man denn eigentlich bei euch oben an der Ostsee so?

Auf jeden Fall nicht nur Pfeffi. Das haftet uns immer noch an und irgendwie ist überall Pfeffi. Ich meine wir spielen das auch ein bisschen selbst, vielleicht durch das Pfeffi Fass was wir jedesmal auf die Bühne rollen. (lacht) Vielleicht kommen die Leute deshalb darauf. Aber mir schmeckt das in Wahrheit nichtmal. Ich würde mich auf einer Party niemals mit Pfeffi besaufen. Ich bin mehr so der Biertrinker und mag dann auch mal ne Mische. Aber eigentlich alles, wenn wir uns berauschen wollen, dann trinken wir alles. (lacht)

Was sagt ihr denn zu Hansa Pils? Ihr geht doch alle in Rostock zum Stadion oder nicht?

Oh Gott, Hansa Pils schmeckt überhaupt nicht. Ist aber auch aus Dortmund und nicht aus unserer Ecke. Bei uns heißt das Rostocker und schmeckt aber auch überhaupt nicht. Ich trink gerne Lübzer und ansonsten alles was mir schmeckt. (lacht)

Das Interview führte Tim Rathert; Foto: Bastian Bochinski


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